Als in Emden Kirchengeschichte geschrieben wurde

Emden. 450 Jahre zurück. Emden im Jahre 1571. Der Bau des Renaissance-Rathauses wird erst in drei Jahren beginnen. Aber seit fast 30 Jahren erlebt Emden die Zuwanderung durch Flüchtlinge. Viele von ihnen waren reich und machten die Seehafenstadt zu einer wirtschaftlichen Metropole. Andere waren und blieben arm. Aber sie alle zusammen veränderten das Bild Emdens.

Im alten Zeughaus fand die Synode von 1571 statt. Bild: ErK

Hier also findet vor 450 Jahren eine kirchliche Veranstaltung statt, von deren Bedeutung die Einwohner vermutlich nichts ahnen. Dieses Treffen findet – so wird es überliefert – im Zeughaus am Falderntor statt. In den Räumen im Erdgeschoss hat die wallonische Gemeinde ihre Gottesdiensträume. Und sie bietet den Teilnehmern vom 4. bis 13. Oktober 1571 ein Asyl auf Zeit. Gekommen sind Pastoren und Älteste niederländischer Flüchtlingsgemeinden sowie Vertreter der Kirchengemeinden unter dem Kreuz aus den noch spanisch-habsburgisch regierten Niederlanden.

Alle Teilnehmer eint ein gemeinsamer Plan: Sie wollen Glaubensfragen besprechen, die Ausbildung der Prediger thematisieren, sich mit der Frage beschäftigen, wie man mit durchreisenden Flüchtlingen verfahren sollte, vor allem aber wollten sie sich als eine Glaubensgemeinschaft organisieren und dafür eine Kirchenordnung schaffen, die allgemeine Verbindlichkeit für alle haben soll – eine erste große Synode unter dem politischen Druck von Flucht und Verfolgung.

Das Papier, das schließlich 29 Unterschriften tragen wird, hat Auswirkungen bis in die Gegenwart und in so weit Kirchengeschichte geschrieben. So spiegelt sich die Ablehnung einer hierarchischen Struktur bis heute in der presbyterial-synodalen Ordnung der reformierten Kirche.

► Die Evangelisch-reformierte Kirche organisiert anlässlich des 450. Jahrestages der Emder Synode am Donnerstag, 10. Juni, einen Festakt in der Johannes a Lasco Bibliothek. Dieser wird ab 11.45 Uhr als Livestream übertragen. Zugang über www.reformiert.de oder www.emden.de.

Es sprechen: Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble, EKD-Ratsvorsitzender Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm sowie die Vize-Präses der Protestantse Kerk Nederland (PKN), Drs. Jeannette Galjaard. Den Festvortrag hält Professor Dr. Irene Dingel vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz. Musik aus der Zeit der Emder Synode spielt das Ensemble Concerto Foscari.

► Bereits am Sonntag, 6. Juni, 11.30 Uhr, eröffnet die Johannes a Lasco Bibliothek eine Ausstellung zur „Emder Synode von 1571. Kontexte – Akteure – Kulturtransfer“. „Diese gibt Einblick in die Verhältnisse des 16. Jahrhunderts und das Zustandekommen der Synode niederländischer Gemeinden.“ Doch auch die Lebenswirklichkeit der Flüchtlinge damals und ihre vielfältigen Spuren, die sie bis heute hinterlassen haben, werden thematisiert, heißt es in einer Mitteilung der Bibliothek. Eine Einführung gibt Kurator Dr. Klaas-Dieter Voss.

Die Veranstaltung wird eingebettet in die musikalische Sonntags-Matinée mit dem Konzert „Norddeutsche Orgelschule“. Auch diese Veranstaltung wird nur per Livestream zu erleben sein. Den Link findet man auf der Seite der Bibliothek www.jalb.de.