Die inneren Werte …
In der Reihe „Fund des Monats“ der Archäologie der Ostfriesischen Landschaft geht es heute um ein Gefäß, das im Haus Am Burggraben 8 in einem Halbkeller gefunden wurde.
Von Ines Reese
Emden. Seit im Zweiten Weltkrieg große Teile der Emder Altstadt zerstört worden sind, hat auch der Städtebau der Nachkriegszeit nicht gerade dazu beigetragen, dass ein Gang durch das Zentrum der Emder Altstadt zwischen der Großen Kirche und dem Ratsdelft eine reine Augenweide ist. So auch an der Straße „Am Burggraben“, wo ein allseits bekannter Discounter mit seiner Parkplatzfläche das Straßenbild dominiert.

Fast kann man daher das kleine unscheinbare Baudenkmal Am Burggraben 8 übersehen. Dieses Haus wird seit 2015 von der Eigentümerfamilie liebevoll und denkmalgerecht saniert und in den Zustand der 50er Jahre versetzt. Die heutige Fassade mit dem in der ursprünglichen Form wieder hergestellten Schriftzug „Lebensmittel“ erinnert an die letzte bekannte Nutzung des Gebäudes als kleines Lebensmittelgeschäft bis in die 70er Jahre. Außen bis auf einen Giebel mit schönen Sandsteinreitern eher unauffällig, barg das Haus im Inneren einige schöne Details, unter anderem eine Wandnische mit einem gut erhaltenen kleinen Sandsteinbecken, aber auch noch weitere Überraschungen:

2020 tauchte im mittleren Gebäudeteil ein alter, aus verschiedensten Fliesen und Backsteinen gepuzzelter Fußboden auf. Beim Freilegen konnte der Bauherr in der südwestlichen Ecke in einer aus Backstein gemauerten Aussparung den Rand eines großen, vollständig erhaltenen Gefäßes freilegen. Dieses Gefäß und der Fußboden wurden entnommen, und darunter kam ein durch drei Backsteintreppenstufen erschlossener Halbkeller zutage, der evtl. einmal als Vorratsraum diente und wahrscheinlich durch eine hölzerne Falltür begehbar gewesen war.

Dessen nur noch teilweise erhaltener Backsteinfußboden zeigte in derselben Ecke eine gemauerte Aussparung, in die ein ähnlich großer Topf gepasst hätte. Stattdessen war dort zunächst nur ein mit Erde gefülltes Loch erkennbar. Dies ließ dem Bauherrn jedoch keine Ruhe, er entfernte etwas Erde und konnte so ein mit 18 cm Durchmesser wesentlich kleineres Gefäß freilegen. Dieses war sogar so gut erhalten, dass es in einem Stück geborgen werden konnte. Es stand, wie sich herausstellte, in einem aus hölzernen Dauben hergestellten Eimer, der allerdings schon stark vergangen war. Lediglich der Boden hatte sich gut erhalten. Dieser Holzeimer stellt die älteste dokumentierte Phase dieser Kellerinstallation dar. Fußbodenrest, Daubeneimer und Halbkeller sind heute noch unter dem sanierten neuen Fußboden erhalten.

Die bisher wahrscheinlichste Erklärung für die so gestaltete Kellerecke ist, dass die Gefäße zur Aufnahme von trockenem oder nassem Kehricht dienten, der sonst aus den Ritzen der Fußböden nur schwer zu entfernen gewesen wäre. Außerdem befanden sich in beiden Tongefäßen einige Pfeifenstiele, so dass sie in letzter Konsequenz als Abfallbehälter dienten, vielleicht solange sie während vergangener Baumaßnahmen noch sichtbar gewesen waren, bevor sie – von Schutt bedeckt – erst rund 300 Jahre später wieder ans Tageslicht kamen.
