„In Emden hat es angefangen …..“

Festakt der Evangelisch-reformierten Kirche zum Jubiläumsjahr der Emder Synode von 1571 in der Johannes a Lasco Bibliothek
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Von Ina Wagner

Emden. Emden war in aller Munde. Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) ging der Name der Stadt ebenso geläufig über die Lippen wie dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm, oder der Vizepräses der Protestantischen Kirche der Niederlande (PKN), drs. Jeannette Galjaard.

Festakt in der Johannes a Lasco Bibliothek mit: Dr. Martin Heimbucher, Professorin Dr. Irene Dingel, Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm und Tim Kruithoff. Im Hintergrund das Ensemble Concerto Foscari. Bilder: Preuss

Der Grund für die Prominenz der Redner war das Jubiläumsjahr der Emder Synode von 1571. Damals waren im Zeughaus der Stadt Emden am Falderntor, Vertreter von niederländischen Flüchtlingsgemeinden und Gemeinden unter dem Kreuz zusammengekommen, um für diese verstreuten Gemeinden eine verbindliche Kirchenordnung zu schaffen. Dies gelang im Rahmen einer zehntägigen Synode, die als Ergebnis ein Abschlussprotokoll mit 104 Artikeln herausbrachte. Der Festakt wurde per Livestream aus der Johannes a Lasco Bibliothek übertragen.

Bei der Synode, so erklärte Festrednerin Professorin Dr. Irene Dingel, Direktorin des Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz, habe man sich innerhalb eines Rahmens bewegt, der durch die reformatorischen Bewegungen des 16. Jahrhunderts vorgegeben war. So hatte es unter anderem „Vorarbeiten“ auf dem sogenannten „Weseler Konvent“ von 1568 gegeben.

Und obwohl Wissenschaftler bezweifeln, dass diese Synode überhaupt stattgefunden hat – es gibt keinerlei Zeugnis dafür – gab es damals doch ein Protokoll. Die Thesen dieser Niederschrift wurden drei Jahre später auf der Emder Synode erweitert und zu einer Kirchenordnung umgeformt. Irene Dingel bezeichnete Emden als einen „Erinnerungsort“, an dem bestimmte historische Geschehnisse stattgefunden haben, mit denen sich Bedeutungen und Wirkungen verknüpfen. Emden sei ein solch historischer Knotenpunkt. Die Stadt führe daher „zu Recht den Ehrentitel der ‚Moederkerk‘ der europäischen Reformierten“.

Filmaufnahmen für den Livestream aus der Bibliothek. Am Pult: Martin Heimbucher.

Wolfgang Schäuble, dessen Grußwort per Video aus Berlin eingespielt wurde, stellte fest, dass die Emder Synode „zu Unrecht im Schatten“ geblieben sei. Er stellte sie in ihren Leitgedanken in die Folge der Barmer Theologischen Erklärung von 1934, der theologischen Basis der Bekennenden Kirche im Nationalsozialismus. Die Ergebnisse der Emder Synode seien somit als „zeitlos“ zu betrachten.

Die Vizepräses der Protestantischen Kirche der Niederlande (PKN), Jeannette Galjaard, wurde ebenfalls per Video zugeschaltet. Sie erklärte: „Seit Emden ist die Kirche presbyterial und synodal. In Emden hat alles angefangen.“

Bischof Bedford-Strohm zog einen Vergleich zwischen den Glaubensflüchtlingen damals, die vermutlich per Schiff nach Emden kamen, und der Flüchtlingsbewegung heute. In diesem Zusammenhang dankte er der Evangelisch-reformierten Kirche für ihre Beteiligung am Bündnis für die Seenotrettung im Mittelmeer. Der einladende Gestus der Reformierten, Flüchtlinge willkommen zu heißen, habe seine Grundlage in jenen Ereignissen der Reformation. Die Beschlüsse der Emder Synode von 1571 seien Grundlage der heutigen modernen freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Auch Bedford-Strohm bezog sich auf die Barmer Erklärung, speziell auf ihren Artikel 4, wo es heißt: „Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen.“ Er nimmt Bezug auf Artikel 1 der Beschlüsse der Emder Synode: „Keine Gemeinde soll über andere Gemeinden, kein Pastor über andere Pastoren, kein Ältester über andere Älteste, kein Diakon über andere Diakone Vorrang haben oder Herrschaft beanspruchen.“

Der Präsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Dr. Martin Heimbucher, betonte in seinem Eingangswort, wie bezeichnend es sei, dass gerade in der „Krise Wegweisendes gedacht, gesagt, getan“ werde. In die Zukunft weisend sei da auch der Synodenbeschluss von 1571, dass jede Gemeinde ihre Angelegenheiten selber regelt und die nächsthöhere Instanz nur dann eingreift, wenn es nötig ist. Dieses Konzept werde man später Subsidiaritätsprinzip nennen, und nach diesem Modus seien föderale Bundesstaaten, aber auch die Europäische Union organisiert.

Tim Kruithoff erklärte sich glücklich, Oberbürgermeister einer Stadt zu sein, „in der solch ein besonderes und historisch bedeutsames Ereignis stattfinden konnte.“ Er erinnerte daran, dass Emden seit 2017 als erste Stadt in Europa den Titel „Reformationsstadt“ trage.

Begleitet wurde der Festakt von Musik aus der Zeit, in der die Emder Synode stattfand. Das Concerto Foscari spielte unter anderem Musik von John Bull, Michael Prätorius und Emanuel Adrieaenssen. Die Besetzung: Uwe Ulbrich und Filip Rekiec (Violine), Susanne Herre und Lea-Rahel Bader (Viola da Gamba), Alon Sariel (Laute und Leitung), Peter Kuhnsch (Perkussion).

Siehe auch den Kommentar „Gewaltige Unterschiede“