Keine Vorherrschaft des einen über den anderen

Emden. Ein Jubiläum, das bereits gefeiert wurde, dessen genauer Jahrestag aber auf den 4. Oktober datiert. Daran sei nochmals erinnert.

Vor 450 Jahren, am 4. Oktober 1571, begann in Emden eine Versammlung, deren Beschlüsse über die Jahrhunderte hinweg bis heute Wirkung zeigen: die Emder Synode von 1571. Sie dauerte eine Woche, bis zum 10. Oktober, und brachte rund 30 Menschen zusammen, die als Vertreter von niederländischen Flüchtlings- und Untergrundgemeinden aus Deutschland und den damaligen Niederlanden angereist waren. Es war eine Art von Untergrundtreffen, sodass der damals stattfindende Herbstmarkt, der stets eine große Zahl von Fremden in der Stadt brachte, den Synodalen Schutz bot. Einige der Beteiligten lebten aber ohnehin schon in der Stadt – als Flüchtlinge, die vor dem Regime der spanischen Habsburger geflüchtet waren.

Die Alte Stadthalle Emden war 1571 der Versammlungsort. Das Foto stammt von Anfang des 20. Jahrhundert. Bild: Archiv der Johannes a Lasco Bibliothek

Es ging bei dieser Versammlung im Erdgeschoss der sogenannten Stadthalle am Falderndelft um die Frage: Wie fördern und organisieren die Anhänger der neuen Glaubensrichtung ihre Verbindung und ihren Zusammenhalt, auch wenn sie sich in Gemeinden zusammengefunden hatten, die alle sehr unterschiedlich waren. Dies sollte auf biblischer und in deutlicher Abgrenzung zur katholischen Kirche geschehen, ohne dass von „oben nach unten“ gedacht und gehandelt wurde. Leitgedanke war, dass keine Vorherrschaften der einen über die anderen entstünden.

Das damals – inspiriert von den Protestanten in Frankreich – beschlossene Modell, hat vor allem die reformierte Kirche in den Niederlanden geprägt, aber auch abgefärbt auf einige Kirchen in Deutschland, unter anderem auf die Evangelisch-reformierte Kirche. Der heutige Begriff für eine solche, nicht-hierarchische Kirche lautet „presbyterial-synodal“.

Die Karte zeigt die Herkunftsorte der Teilnehmer der Emder Synode (Grafik: Ilka Crimi)

Die neue Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche, Susanne Bei der Wieden, kann auch heute, 450 Jahre nach der Emder Synode, viel Zukunftstaugliches in deren Modell einer Kirche entdecken. „In unserer Kirche hat dies starke und selbstbewusste Kirchengemeinden hervorgebracht. Die Menschen damals haben ein Konzept entworfen, dass verhindert, dass zu viel Macht an einer Stelle zusammenkommt. Dies ist auch ein Leitgedanke für unsere Demokratien.“

Bereits im Juni hatte die Evangelisch-reformierte Kirche zusammen mit der Stadt Emden anlässlich des Jubiläumsjahres der Emder Synode zu einem Festakt eingeladen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sagte in seiner Videobotschaft, es sei angemessen, die Synode „herausgehoben zu würdigen“.

► In Emden ist noch bis zum 7. November 2021 die von der Johannes a Lasco Bibliothek organisierte Ausstellung: „Die Emder Synode von 1571. Kontexte – Akteure – Kulturtransfer“ zu sehen.

► Die Website zur Emder Synode biete diverse Materialien und Medien zu dem Ereignis an, unter anderem auch die Filmdokumentation „Fluchtpunkt Freiheit – 450 Jahre Emder Synode“.
Internet: https://www.emder-synode-1571.de