Gedenkstätte professionalisiert Arbeit

Teil 2

Engerhafe. Der Verein Gedenkstätte Engerhafe e.V. kann seine Arbeit an der historischen Aufarbeitung des ehemaligen Konzentrationslagers professionalisieren. Das erklärte der Vorstand im Rahmen einer Pressekonferenz. Auf der Basis von Fördergeldern hat der Verein für zwei Jahre eine Historikerin eingestellt, die eine neue Ausstellung konzipieren soll. Dr. Simone Erpel (Jahrgang 1963) ist seit dem 1. September zuständig. Sie kommt aus Berlin und hat in mehr als 20 Jahren reiche Erfahrungen als Kuratorin in und für Gedenkstätten gesammelt.

Dr. Simone Erpel auf dem Friedhof in Engerhafe, wo auch die Gedenkstätte zu finden ist.

Simone Erpel will die Ausstellungsinhalte neu akzentuieren. Das KZ-Außenlager Engerhafe und das Frauenarbeitslager in Tannenhausen sollen als Beispiele für das NS-Lagersystem in Ostfriesland dargestellt werden. Das Konzentrationsaußenlager in Engerhafe sei, obwohl es nur zwei Monate existierte, gleichermaßen ein europäischer und ein regionaler Erinnerungsort – letzteres vor allem, weil das Lager mitten im Ort lag und die Dorfbewohner direkt mit den Geschehnissen konfrontiert war. Die Zeit nach 1945 sei geprägt gewesen vom Schweigen, erst seit den 80er Jahren habe es den Wunsch nach Aufklärung gegeben. Der Gedenkstättenverein hatte sich im Oktober 2009 konstituiert.

Die Ausstellung war bisher im alten Pfarrhaus untergebracht. Weil das historische Steinhaus aus dem 13. Jahrhundert ab Januar 2022 grundlegend renoviert werden soll, musste auch die Nutzung als Museum unterbrochen werden. Der Gedenkstättenverein und die lutherische Kirchengemeinde Engerhafe bündelten die geplanten Vorhaben und kümmerten sich um Fördergelder. Aus verschiedenen Töpfen der EU, des Landes, der niedersächsischen Gedenkstätten-Stiftung, des Landkreises, der Kommune und der Kirche konnten für das gesamte Projekt Mittel in Höhe von rund 390 000 Euro eingeworben werden.

Simone Erpel will mit der neuen Ausstellung drei große Komplexe erschließen. Sie soll so konzipiert werden, dass sie als außerschulischer Lernort dienen kann. Sie soll repräsentativ stehen für die rund 80 Lager, die es in der Zeit des Nationalsozialismus im Landkreis Aurich gegeben hat. Und drittens soll sie speziell den Bereich der „Frauen als Zwangsarbeiterinnen“ in den Blick nehmen. Das gesamte Projekt soll bis zur Gedenkveranstaltung 2023 realisiert sein.

Die Konzeption wird von einem zehnköpfigen wissenschaftlichen Beirat begleitet, in dem unter anderem der ehemalige Leiter des Staatsarchivs Aurich, Professor Dr. Bernhard Parisius, oder die Altbischöfin Maria Jepsen, Sprecherin des Freundeskreises KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing vertreten sind. Aber auch zwei Niederländer sitzen in dem Beirat: Jan van den Hoorn ist Vorsitzender der „Stichting Oktober 44“ aus Putten – den „Männern von Putten“, die in Engerhafe umkamen, ist die diesjährige Gedenkveranstaltung am 23. Oktober gewidmet. Dazu kommt mit Dr. Oebele Vries ein Historiker von der Fryske Akademy in Leeuwarden.

Geplant ist in nächster Zeit ein Workshop bei der Ostfriesischen Landschaft, um „alle Akteure zusammenzubringen“, wie Simone Erpel sagt. Realisiert wurde bereits eine Open Air-Ausstellung, um weiterhin Führungen anbieten und Informationen weitergeben zu können.

Einiges zur Statistik:
► Der Verein Gedenkstätte KZ Engerhafe e.V. zählt derzeit rund 100 Mitglieder.
► Vorsitzende ist Hilke Osterwald.
► Auf die ausgeschriebene Stellung bewarben sich 38 Interessierte
► Im Landkreis Aurich gab es 80 Lager, in ganz Ostfriesland waren es rund 300
► Das Lager in Engerhafe war eine Außenstelle des KZ Neuengamme. Es existierte zwei Monate. In dieser Zeit starben
188 Menschen aus 14 Nationen.