Die „Glitzer-Elfen“ von Emden

Emden. Seit 26 Jahren kümmert sich das „Expertenteam für ostfriesisch-historische Kirchenmessingleuchter“ um die drei Messingkronleuchter aus dem Ende des 18. Jahrhunderts in der Johannes a Lasco Bibliothek. Das Personal der Gruppe hat in der Zeit seit 1995 immer wieder einmal gewechselt, doch die Arbeit an den großen Leuchtern der Bibliothek wird konsequent weitergeführt. Immer wenn sich das strahlende Gold in ein dumpfes Gelb verwandelt, treten die Damen an – zusammengerufen von Elske Visser, die von Anfang an in der Bibliothek tätig wird, wenn Silber, Gold oder Messing auf Hochglanz gebracht werden soll.

Geputzt wird an einem langen Tisch im Verwaltungstrakt der Bibliothek.

Jetzt war es einmal wieder soweit, dass die Kronleuchter von ihrem Platz gehoben, auseinander genommen und Stück für Stück zum Strahlen gebracht wurden. Jede Krone wiegt 350 Kilogramm, jeder der 72 Arme bringt 8 Kilo auf die Waage, jede der drei Kugeln 34 Kilo, 35 Kilo wiegt jeder der dreiteiligen Baluster, jenes Mittelstück, in das die Leuchter-Arme eingesteckt werden. 141 Stunden benötigen sieben Frauen, um die Arbeit zu vollenden, fünf Tage. „Deshalb braucht es Ehrenamtliche, die anpacken können und die eine gewisse Affinität zu den Kunstgegenständen haben“, sagt Elske Visser, die die Damen nach eben diesen Vorgaben „zusammengetrommelt“ hat.

Das Motto, unter das die Frauen ihre Aktion stellen, richtet sich ganz an diesem Satz aus. „Wir kümmern uns, damit Vergangenheit Zukunft hat!“ Das hat Elske Visser schriftlich niedergelegt – unter anderem in einem Album, in dem die erste Putzaktion kurz vor der Eröffnung der Bibliothek im November 1995 akribisch dokumentiert ist und das dem damaligen Bibliotheksleiter Dr. Walter Schulz (gestorben im März 2019) überreicht wurde. Und wie damals beenden die Frauen ihre Tätigkeit auch 26 Jahre später mit einem Glas Sekt unter den nunmehr strahlenden Leuchtern im großen Mittelschiff der einstigen Großen Kirche.

Ein Arm eines der Kronleuchter wird mit Akribie auf Hochglanz gebracht. Damit das Messing nicht immer wieder anläuft, arbeiten die Damen mit weißen Baumwollsocken, die über die Hand gezogen werden.

Seit die Kirche als Bibliothek wiedereröffnet wurde, haben die Leuchter sieben Mal eine Putzaktion erlebt: 1995, 1998, 2002, 2005, 2010, 2015 und 2021. Wie dicht die Termine beieinander liegen, hängt vor allem von äußeren Umständen ab: wie viele Gäste bewegen sich im Raum, wie viele Veranstaltungen finden statt, wie verläuft die Zirkulation im Raum. Alles beeinflusst den Grad der Verschmutzung.

Der Meister für Veranstaltungstechnik in der Bibliothek, Udo Bleeker, übernimmt es selber, die Leuchter Stück für Stück wieder zusammenzufügen. Auch lässt er es sich nicht nehmen, den dicken Haltering, der den jeweiligen Leuchter mit der Kette, die vom Dachstuhl herunterhängt, verbindet, höchstpersönlich zu reinigen. Aber woher weiß er, welcher Arm wohin gehört? Da hat einerseits Elske Visser vorgesorgt, indem sie eine exakte Abfolge vorgegeben hat. Zum anderen gibt es Nummerierungen am Baluster und am Messingarm, so dass jedes Teil nur an eine bestimmte Stelle passt. Schließlich wurden die mächtigen Messingkronen in Handarbeit gefertigt. Was für die Arme des Leuchters gilt, lässt sich auch auf die anderen Teile übertragen. Auch die Kerzenteller und die Einstecktüllen passen nur, wenn sie an ihrer vorbestimmten Stelle eingebaut werden.

Die Bibliothek ist übrigens nicht das einzige Betätigungsfeld des „Expertenteam für ostfriesisch-historische Kirchenmessingleuchter“. Sie haben die Leuchter im Ratssaal geputzt, im Klub zum Guten Endzweck. Und sie waren in der Schweizer Kirche, der Neuen Kirche und der Kirche Neue Heimat tätig, weiterhin in den Kirchen von Canum, Twixlum, Victorbur, Campen, Bedekaspel, Suurhusen, Loga und in der katholischen Kirche zu Aurich. Auch in der Philipsburg in Leer wurde geputzt. Und nicht zu vergessen, ist Elske Visser regelmäßig im Ostfriesischen Landesmuseum gefragt, wenn repräsentatives Silber zum Strahlen gebracht werden soll.

Udo Blecker setzt den dritten Kronleuchter wieder zusammen, indem er jeden Leuchterarm an eine, am Baluster nummerierte Stelle einfügt.

Angesichts dieser Fülle von Tätigkeiten haben Mitarbeiter der Bibliothek der Gruppe einen neuen Namen verpasst. Sie werden liebevoll „die Glitzer-Elfen“ genannt und sehr gut behandelt. Neben ordentlicher Verpflegung hatte dieses Mal Mitarbeiterin Claudia Renn (Haushalt und Finanzen) eine Überraschung parat. Ihr Vater, Ernst-Peter Henke – einst ein bekannter Konditor in Hamburg – hatte eigens für die Damen Eclairs mit Vanille-Füllung gebacken. Die „Glitzer-Elfen“ wussten das wohl zu würdigen.

Zum Schluss der Aktion gab es Sekt und Blumen für die beteiligten Damen: Marga Ihmels, Almuth Santjer, Elske Visser, Mena Rösingh, Antke Janssen, Irma Jürgens, Friederike Meyer und Marianne Möller.

Dieses Mal waren im Team dabei: Marga Ihmels, Antke Janssen, Irma Jürgens, Käthe von dem Knesebeck, Friederike Meyer, Marianne Möller, Mena Rösingh, Almuth Santjer und Elske Visser.

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