Virtuose Melange

Emden. Seit 26 Jahren wird der Geburtstag der Beckerath-Orgel in der Martin-Luther-Kirche mit einem Konzert begangen. In diesem Jahr saßen sogar zwei Organisten für das traditionelle Ständchen an dem mächtigen Instrument – wobei der Begriff „Ständchen“ nicht recht passen will, denn Brigitte Höhn und Marc Waskowiak hatten ein veritables Konzert vorbereitet, das ergänzt wurde durch kleine Adventsgeschichten, die Diakon Bernhard Noormann beisteuerte.

Der Chorraum der Martin-Luther-Kirche erstrahlte im Glanz von Lichtern, die über die Stufen verteilt waren.

Prächtiges Instrument, prächtiger Auftakt. Mit Händel wurde es dann auch noch royal. Eine Krönungshymne erklang – und dafür ist eine Orgel natürlich der richtige Klangkörper, denn es brauste und sang und klang und dröhnte und tönte, dass man sich ganz erhaben erhoben fühlte.

Zwei Adventslieder gehörten zum Programm. „Macht hoch die Tür“ in einer sehr eingängigen Fassung und „Tochter Zion“ umsponnen von Improvisationen, die die Fähigkeiten der Orgel herausforderten.

Das Hauptwerk des Abends aber waren Tänze aus dem „Nussknacker“ von Peter Tschaikowsky in einer Fassung für Orgel vierhändig. Wie viele Probenstunden dauert es, bis man diese ebenso klein- wie feinteilige Ballettmusik auf dieses Instrument übertragen kann? Bis alle Beine und Hände sortiert, alle Bewegungen ausgefeilt, alle Rhythmen harmonisiert sind? Keine leichte Übung, aber eine, die es lohnte. Denn das Ergebnis war überwältigend. Da saß jeder Ton, der musikalische Fluss strömte leicht dahin, ganz der irdischen Schwere enthoben. Und dann der krönende Abschluss, der Blumenwalzer mit seinem Melodie-Reichtum. Die Orgel wollte gar nicht wieder aufhören zu spielen, so sehr schien sich die Dame Beckerath an dem musikalischen Überfluss zu delektieren.

Noormann lieferte jeweils eine geeignete Vorlage für das Programm, sprach vom Motiv der Adventstüren, brachte zwei Nussknacker mit und spendete schließlich einen ungewöhnlichen Segen – nämlich den aus Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“:

Abends, will ich schlafen gehn,
vierzehn Engel um mich stehn

Und eben diese Musik zu diesem eindringlichen Gebet war dann auch die Zugabe der beiden Organisten, die für den Anlass ein so liebevoll-festliches Programm zusammengestellt hatten und das Geburtstagskind in einer ungewöhnlichen Art würdigten. Denn wer hätte hier schon einmal Orgel zu vier Händen spielen gehört? Und zudem eine Mischung aus Adventslieder, Opern-Duett, Ballett-Szenen und geistliches Werk? Es war eine anregende virtuose Melange, in deren Mitte die Beckerath-Orgel stand.