Statements und Spielfreude

Emden. Aukso ist griechisch und bedeutet „sich entwickeln“. Das Aukso Kammerorchester stellte mit einem bemerkenswerten Programm einen solchen Entwicklungsstandpunkt vor. Zudem bot die Johannes a Lasco Bibliothek mit dem warmen Kerzenglanz an den hochglänzenden Leuchtern einen geradezu magischen Ort für eine Begegnung der polnischen Art – ein polnisches Orchester in der Bibliothek, die nach einem polnischen Reformator benannt wurde.

Das Programm: zweimal Mozart, einmal Tschaikowski, einmal ein polnischer Zeitgenosse, Wojciech Kilar. Und gerade dessen Werk – „Orawa für Streichorchester“ – setzte ein Statement, und zwar ein nachdrückliches. Die schwirrenden Wiederholungssequenzen der nach einer polnischen Landschaft benannten Komposition wirkten hypnotisch, nahezu betäubend. Doch die Auflösung dieses klanglichen Erlebnisses erreichte die Dringlichkeit von Filmmusik und erzeugte einen Kick, der seine Wirkung auf das Publikum nicht verfehlte. Große Begeisterung im Plenum. Endlich war einmal wieder zeitgenössische Musik zu hören, die durch ihre Qualität überzeugte. Noch dazu kam sie aus dem Heimatland des Orchesters. Eine bessere Klammer hätte man gar nicht gestalten können!

Die Ausstrahlung des Orchesters und seines Dirigenten Mário Košik reichte aber über den ganzen Abend, und der begann – geradezu harmlos – mit Mozarts „Kleiner Nachtmusik“. Die Serenade wurde rund und schön gespielt, allerdings gab es keinen großen Aha.Effekt. Noch nicht! Denn mit dem Klavierkonzert Nr. 12, KV 414 von Mozart betrat auch der erst 12-jährige Pianist Justus Eichhorn die Bühne, und sein Spiel wurde nun mit liebevoller, sorgender Perfektion begleitet. Man überließ dem jungen Talent aus Weimar ganz die Bühne, blieb dezent im Hintergrund. Aber die orchestrale Gestaltung war von dynamischer Bewegtheit geprägt, von einem diffizilen Eintauchen in die Gedankenwelt des Komponisten, der zum Zeitpunkt des Entstehens seines Werkes auch erst 22 Jahre alt war.

Justus Eichhorn brillierte mit dem Klavierkonzert und ließ die Hörer spüren, dass das Spielen für ihn ein einziger großer Spaß ist. So griff er kräftig zu und ging ein hohes Tempo, ohne allerdings zu übertreiben. Aufmerksam ging sein Blick immer wieder zum Dirigenten hinüber, aber sein Selbstbewusstsein trug ihn sicher durch die Musik, so sicher, dass das Publikum fasziniert verharrte und dann begeistert applaudiert. Das wurde sogleich mit Zugaben belohnt. Eichhorn spielte mit erstaunlicher Leichtigkeit zwei temperamentvolle Etüden von Frederic Chopin, mit denen er demonstrierte, dass er schon jetzt technisch über weiteres Potential verfügt.

Das Aukso Kammerorchester ging im zweiten Teil des Abends richtig „zur Sache“ – unter anderem mit Tschaikowskis eindrucksvoller „Serenade C-Dur“ – einer melodisch schier ausufernden Schönheit, die so anregend gespielt wurde, dass sie als „Abendständchen“ eher für schlaflose Nächte gesorgt hätte, denn für wohltuenden Schlaf.

Das Orchester bedankte sich für anhaltenden Applaus und Bravo-Rufe mit einem lyrischen Werk des Tschechen Leoš Janáček. Es erklangen zwei Sätze aus dessen Suite op. 3. Und das wurde dann zum schmeichelnden Abschluss eines an Eindrücken reichen Konzertes.