Über Zeiten und Räume


Jennelt
. In Westerhusen war das Schlagwerk eine vorsichtig akzentuierende Ergänzung des Orgelspiels, im Jennelter Nachtkonzert am Sonnabend (7. Mai), der fünften Veranstaltung des Krummhörner Orgelfrühlings, stehen Orgel und Schlagzeug gleichberechtigt nebeneinander.

Matthias Haarmann und Boris Becker gestalteten das Konzert mit Alter Musik, Klassik, Gospel, Songs. Improvisationen treten als eigenständige Form hinzu. Oder es erklingt erst das Original, und die Improvisation wird als alternative Form im Anschluss gespielt – über Zeiten und Räume hinweg, oder zu verdichteten Psalm-Worten aus der Feder von Pastor Alfred Rauhaus (Weener), die Elke Postma vortrug. Sie würden als Duo „Tastenschlag“ Grenzen ausloten – über Stile und Gattungen hinweg. So steht es im Programmheft. Auch fällt das Wort „grenzenlos“. Und das beschreibt die musikalische Absicht des Konzertes wohl am treffendsten.

Mit Alter Musik klappt das am besten. Das wurde deutlich bei Sweelincks „Fantasia chromatica“, jenem so entscheidenden Werk des Komponisten, das man in Westerhusen in diesem Orgelfrühling zum ersten Mal zu hören bekam. Nun ist es also zu erleben auf der Constable-Orgel von 1738 mit Schlagzeug. Tatsächlich ergab sich in dieser Kombination ein überraschender Effekt, denn die Musik des niederländischen Meisters war plötzlich nicht mehr ein Ding, das man wie ein Museumsstück aus ferner Zeit betrachtet, sondern es rückte nah und berührte in unmittelbarer Weise.

Was bei Sweelincks „Fantasia“ problemlos klappte, funktionierte bei Beethovens Stücken für Flötenuhr allerdings weniger. Das Schlagzeug erdrückte die zarten Originalkompositionen förmlich, doch die Improvisationen dazu, die jeweils im Anschluss gespielt wurden, boten wiederum starke Musik, bei der die Kombi aus Taste und Schlag funktionierte.

Überhaupt – die Improvisationen. Der größte Teil des Abends beschäftigte sich mit ihnen, wobei Matthias Haarmann auf das E-Piano wechselte. Die Stücke fielen teilweise sehr emotional aus, dann wieder war ihre Wirkung abstrakt und elegant distanziert. Anklänge an Formen des Jazz waren offensichtlich und erfüllten die Ansprüche des Publikums, das offensichtlich von der ungewöhnlichen Kombination fasziniert war.

Zum Schluss ging es dann zurück zur Eingangsbesetzung – mit der wunderschönen „Toccata in C“ von Sweelinck, die nun unmittelbar den Wunsch weckte, dass das Schlagzeug einmal schweigen möge. Dieser Wunsch erwies sich aber wiederum bei der Zugabe als unnötig, denn plötzlich zog sich das Schlagwerk tatsächlich dezent zurück, blieb leise und zurückhaltend, nutzte die silbrigen Klangstäbe und fein rasselnden Schellen und erzeugte gerade so ein zauberhaft verdichtetes Klangerlebnis.

Fazit: Große Qualität der künstlerischen Leistung, schönes Programm, aber bei bestimmten Kompositionen wäre die Reduktion auf nur ein Instrument eindringlicher gewesen.