„Nah am Wasser“ mitten auf dem Land

Fehnhusen. Wenn man in Richtung Norden fährt, an Engerhafe vorbei, führt gleich die nächste Straße, die nach rechts abbiegt, über eine hübsche Allee nach Fehnhusen, einer Siedlung auf einem Geestrücken. Ein Bauernhof mit einem Wohnhaus von 1906 fällt durch schöne Fenster im alten Stil auf. Hier, in völliger ländlicher Ruhe wohnen Adelheid Wilts-Müller und der Künstler Herbert Müller. Eines seiner beiden großen Ateliers liegt im hinteren Bereich der Scheune. Pfauen schreien schrill. Sieben davon hält Müller. Sie reagieren auf seine Stimme und machen sich deutlich bemerkbar. Der rote Kater Cato ist ständig unterwegs. Steht man hinter der Scheune, sieht man zu einer Viehweide hinüber, wo die Kühe in aller Ruhe ihre Kälber beaufsichtigen. Dahinter öffnet sich der Blick auf weite Felder. Idylle pur.

Dr. Annette Kanzenbach eröffnete am 7. Mai die Ausstellung im Gulfhof Müller. Bilder: privat

In der Scheune aber passiert Ungewöhnliches. Hier residiert die Kunst. Für eine Woche nur, es ist ein Experiment, sagt Herbert Müller, der sich sehr zufrieden zeigt, weil die Eröffnung am Sonnabend (7. Mai) mehr als 100 Besucher nach Fehnhusen führte. Diese erfreuten sich nicht nur an der Kunst, sondern nutzten auch das gute Wetter, um sich auf Bänken und Gartenmöbeln im Freien zu ergehen.

Nach dem offiziellen Teil ging es in die Sonne

Was gibt es zu sehen? Die Gruppe „nah am wasser“ stellt aus. Hilke Deutscher, Peter Geihte, Ulrich Schnelle und Herbert Müller sind befreundet und haben sich zusammengetan, um Experimente zu wagen. Die Ausstellung in der Gulfscheune gehört dazu. Hier ist Platz, um den Exponaten Raum zu geben. „Ich wollte hier eigentlich regelmäßige Galerie-Ausstellungen veranstalten“, sagt Müller in der Rückschau. Doch er fürchtete beständige Unruhe, die ihn am Arbeiten hindern würde. So hat er letztlich doch davon abgesehen. Als jedoch die drei Mitstreiter in der Gruppe meinten: Man müsse doch mal …., da verschloss sich der 69-jährige ehemalige Kunsterzieher dem Wunsch der Kollegen nicht.

Petersburger Hängung zur Begrüßung: ein buntes Allerlei aus den Werkstätten der vier Künstler

Da keine thematische Vorgabe bestand, wählte jeder aus, was ihm passend erschien. Gehängt wurde gemeinsam, aber manches auch wieder verworfen. So entstand im Prozess die Idee, gleich im Eingangsbereich Bilder in Petersburger Hängung zu präsentieren. „Das hängt auch mit dem Titel der Ausstellung „Höfische Kunst“ zusammen“, lächelt Müller und verweist auf die Mehrdeutigkeit des Begriffes „Hof“.

Eine der Kojen im Gulfhof, bestückt mit Arbeiten von Hilke Deutscher und Peter Geihte

Petersburger Hängung oder „Salonhängung“ geht zurück auf eine Galerie, in der die Bilder dicht an dicht neben- und übereinander ausgestellt werden, wie etwa in der Stankt Petersburger Emeritage. Also haben Müller, Deutscher, Geihte und Schnelle allerhand zusammengetragen und bunt durcheinander präsentiert. Müllers Landschaften mit dem tiefen Horizont, Deutschers farbenfrohe Aquarelle, Geihtes gestische Arbeiten, Schnelles verwehte Zufallsgegenstände oder seine einmaligen Schaf-Kötel.

Windkraftanlagen-Installation mit Kleinwagen

Wie eine parodistische Zutat wirken die Plastik-Kronleuchter, die sich den Platz an der Decke mit reichlich Spinnweben teilen – ein bewusst gesetzter Kontrast zwischen „Hof“ und „Hof“. Man flaniert an kleinen Kojen vorbei, schaut im Müller-Atelier, was es in dem großen, hellen Raum zu sehen gibt, bestaunt eine Projektion, in der sich Flügel einer der modernen Windmühlen vor dem Hintergrund eines Rapsfeldes drehen – darunter ein rotes Autowrack. Das gehört nicht zur Installation, doch der staubige Kleinwagen bietet mit seinem knalligen Rot durchaus einen reizvollen Kontrast zum Gelb des Rapsfeldes auf der Projektion.

Eindeutig ein Kontrast: pompöser Kronleuchter unter dem Scheunendach

Wo immer man aber hinschaut – der Blick fällt auf Bilder und Arbeiten aller vier Künstler, denn das Prinzip des sich gegenseitigen „Besuchens“ ist durchgängig vorhanden. Der Versuch, Einzelkojen mit Arbeiten jeweils eines Künstlers auszustatten, erschien nicht sinnvoll, war zu steif.

Und nun hoffen die Vier, dass noch viele Besucher vorbeischauen und sich mit der Präsentation im Gulf vertraut zu machen, sich an den Farben zu erfreuen – und wer weiß, vielleicht streift ja auch der scheue Kater durch die Gänge. Schließlich fühlt er sich hier ganz geheim als Hausherr.

► Die Ausstellung – von Kunsthistorikerin Dr. Annette Kanzenbach eröffnet – ist bis Sonnabend noch täglich von 11 bis 18 Uhr zu sehen. Am Sonnabend, 14. Mai, gibt es um 15.30 Uhr eine Finissage.