Veränderungen als Chance sehen!

Zur Verabschiedung von Pastorin Heike Schmid in den Ruhestand

Visquard. Wenn sie eine Schauspielerin wäre, würde man sie wohl eine „Rampensau“ nennen. Denn wenn Heike Schmid, Pastorin von Groothusen und Visquard, predigt, dann spürt man, dass da jemand steht, der das, was er sagt, so verinnerlicht hat, dass weder ein Spickzettel noch gar ein ausformulierter Text nötig sind. Sie spricht weitgehend frei, formuliert ihre Gedanken aber in sich stimmig und logisch. Sie weiß, was sie den Menschen sagen möchte. Dabei ist sie temperamentvoll und man sieht, dass ihr das Pastorenamt einfach Spaß macht. Niemals dürfe man mit einer Predigt langweilen, zitiert sie zum Schluss einen Universitätsprofessor. Und nein, gelangweilt hat sie nicht – bei ihrer Verabschiedung am Sonnabend (28. Mai) auf dem Dorfplatz von Visquard.

Eine große Gemeinde hatte sich auf dem Dorfplatz von Visquard versammelt, um an der Verabschiedung ihrer Pastorin teilzuhaben

Heike Schmid nutzte vielmehr diese letzte Gelegenheit, um zu ermahnen, zu ermutigen, gut zuzureden und an das Selbstbewusstsein der Ostfriesen zu appellieren. Denn es kommen Veränderungen auf die beiden reformierten Kirchengemeinden zu. Die Pfarrstelle ist zwar für eine Neubesetzung freigegeben, doch wird die Nachfolge sich künftig um vier Gemeinden kümmern: neben Groothusen und Visquard sind das Manslagt und Uttum. „Nutzt diese Veränderung als Chance“, mahnte die Pastorin, die ihre Predigt rund um eine Textstelle aus dem Markus-Evangelium aufbaute.

Diese spricht davon, dass ein Gelähmter von seinen Freunden auf abenteuerliche Weise zu Christus gebracht wird – gegen alle äußeren Widerstände und Schwierigkeiten. Sechs Konfirmanden spielten diese Szene mit ihren eigenen Worten nach: Vier Menschen habe es gebraucht, um den Gelähmten zu Christus zu bringen, sagte Schmid – und nun verschränkte sie die Interpretation des Bibeltextes und die zukünftige Perspektive, die sie für die vier Gemeinden sieht, ineinander. Allein könne man heute nichts mehr, ebenso wenig wie man allein einen Gelähmten tragen können. Vier allerdings könnten viel bewirken: vier könnten gefahrlos tragen, und vier Gemeinden könnten gemeinsam viel erreichen. „Denn es braucht viele, um eine Gemeinde am Laufen zu halten!“

Pastor Johannes Miege verabschiedete eine gut gelaunte Heike Schmid in den Ruhestand

Dass der Gottesdienst, von Posaunenchor und elektrischer Orgel kraftvoll begleitet, unter freiem Himmel – der Tag zeigte sich mit viel Wind und dramatischen Wolken sehr ostfriesisch – vor großer Kulisse so viel Atmosphäre hatte, lag auch an der völlig uneitlen Art, mit der die Pastorin und ihre Gemeinden miteinander quasi familiär umgehen.

Doch das ist nun vorbei. Heike Schmid und ihr Mann Jan Lüken Schmid ziehen fort. „Eine große Entfernung, wenn man in Kilometern denkt – aber nicht vom Herzen her“, sagte Pastor Johannes Miege. Der reformierte Borssumer Pastor aus einer Familie mit vielen Theologen ist nicht nur stellvertretender Präses des Synodalverbandes nördliches Ostfriesland, sondern auch ein enger Freund der Schmids. Er überreichte die Urkunde, die Heike Schmid von ihren Dienstverpflichtungen entbindet und ihr die Freiheit des Ruhestands gibt.