Ein wahrhaft inspirierender Abend

Remels. Das war ein Abend reiner Freude für alle. Das Programm war ausgefeilt, die Musiker barsten förmlich vor Spielfreude, und das Publikum ließ sich mit wahrer Leidenschaft zum intensiven Hören hinreißen. Nicola Jürgensen (Klarinette), Alexander Hülshoff (Violoncello) und Andreas Frölich (Klavier) bildeten das namenlose Trio, das sich eigens für das Konzert in Remels gefunden hatte. Man kann nur hoffen, dass sie beieinander bleiben, damit das, was am Sonnabend (11. Juni) in der wehrhaften St. Martinskirche geschah, noch häufiger zu erleben sein wird.

Es begann mit einem ausgefeilt präsentierten „Gassenhauer Trio“ von Beethoven. Schon bei den ersten Takten wurde deutlich, dass sich an diesem Abend etwas anbahnte. Es ging gleich „in die Vollen“. Und wer dabei allein die Mimik von Alexander Hülshoff verfolgte, merkte, dass das Trio dem Trio ganz und gar zusagte. Es konnte hier ein Fixpunkt für das gesamte Programm gesetzt werden, denn diese Art des energiegeladenen Musizierens setzte sich fort. Dem hinreißenden „Aprés un rêve“ von Fauré verliehen Nicola Jürgensen und Andreas Frölich dann auch ein zwar elegisches, aber nicht zu feines, dennoch kontrastreiches Kolorit.

Debussys „Sonate d-Moll“ für Violoncello und Klavier wurde zum Bravourstück. Die völlig selbstverständlich erscheinende Virtuosität, die Alexander Hülshoff hier zeigte, will erst einmal erarbeitet werden. Die Finger führten dabei offenbar ein Eigenleben und huschten wie Schattenwesen über die Saiten seines kraftvoll ansprechenden Cellos. Es schien, dass Hülshoff und sein Cello schon lange beste Partner und ideal aufeinander eingespielt sind.

Saint-Saëns‘ Sonate Es-Dur für Klarinette und Klavier war etwas, das Nicola Jürgensen – alle Musiker führten selber mit gezielten Moderationen durch den Abend – als „leicht wie ein französisches Dessert“ bezeichnete, dass dann aber zum dritten Satz hin an sehnsuchtsvoller Tiefe gewinnt. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer, dass im 4. Satz die Klarinette förmlich explodierte, was bei den Zuhörern ein verblüfftes Innehalten bewirkte, ehe der Beifall heftig aufbrandete.

Von Europa schwenkte das Programm nun nach Südamerika.Tango! Das brachte zunächst Hülshoff und Frölich auf die Bühne, wo letzterer schon den ganzen Abend als Partner in den unterschiedlichen Konstellationen mit seinen Musikerkollegen verbracht hatte. Wunderbar seine Flexibilität im Ausdruck und sein feinsinniges Zugehen auf die kompositorischen Erfordernisse, die nun ihren dynamischen Ausfluss in der Musik José Bragatos und Astor Piazzollas fanden.

Bragatos „Milontan Graciela y Buenos Aires“ ist ein Werk, in dem sich gleichermaßen die tiefe Schwermut und die kraftvolle Vitalität des Tangos als eine Art ethnologisch verankerter Weltanschauung dokumentiert. Es wurde hier zum Hörvergnügen, das weit mehr ist als Folklore. Bei Piazzolas „Frühling“ aus den „Las Cuatro Estaciones Porteñas“ steigerte sich die Intensität der Musik noch, als die drei Instrumentalisten aus der südamerikanischen Vorstellung der „Vier Jahreszeiten“ zitierten.

Damit ging ein großartiger Abend zu Ende. Fast! Denn es gab noch eine Zugabe. Und die war ebenso humorvoll wie handwerklich solide. Peter Kiesewetters „Tango Pathetique“ ist eine Art musikalischer Parodie, die aus Tschaikowski-Zitaten besteht und absolut hörenswert ist. Tosender Beifall endete diesen wahrhaft inspirierenden Abend.