Über Musik, die nirgendwo hin will

Das 13. Konzert der „Gezeiten“ fand im Forum der Ostfriesischen Landschaft statt

Aurich
. Es war ein überaus anregendes Konzert, in dem zwei junge Musikerinnen ein Spektrum an Kompositionen zeigte, das in dieser Konstellation und Dichte ziemlich einmalig sein dürfte. Ein Standard-Repertoire war das jedenfalls nicht, das Cellistin Nadja Reich und Pianistin Josefa Schmidt da am Dienstagabend (20. Juni) im Forum der Ostfriesischen Landschaft spielten.

Das war im Konzert: Josefa Schmidt und Nadja Reich. Bilder Karlheinz Krämer

Da wird Renaissance-Musik in ihrer historischen Fremdheit (Maddalena Casulana) einem Préludes von extremer Motorik (Galina Ustwolskaya) gegenüber gestellt. Da wird eines der ersten Werke für Violoncello von Domenico Gabrielli aus dem Barock mit den abstrakten, suchenden und tastenden Kompositionen eines György Kurtág (geb. 1926) kontrastiert. Da erklingt mit Giuseppe Dall’Abacos „Capriccio“ Nr. 1 ein Werk, dass nach Auffassung der Cellistin Nadja Reich „nirgendwo hin will“, und Pianistin Josefa Schmidt erprobt bei Rebecca Saunders „Withinnan“ was sich alles mit dem Innenraum eines Klaviers anstellen lässt, dass zugleich Tasten- und Zupfinstrument wird.

Ganz locker vor Konzertbeginn: Pianistin Schmidt und Cellistin Reich

Oder es werden Bilder erzeugt. „Stellen Sie sich eine weiße Leinwand vor, die mit vereinzelten Farbtupfern bedeckt wird, die sich nach und nach verbinden.“ Aufgrund dieser fast greifbaren Anweisung wurde selbst die Musik eines Anton Webern völlig klar und einleuchtend. Und die beiden mit Preisen und Stipendien reich ausgestatteten Musikerinnen machten munter weiter mit ihrem animierenden Programm – bis sich dann schließlich bei Schostakowitschs „Allegro“ aus der Sonate d-Moll op. 40 die reine Spiellust herausschälte.

Mit Schülern des Ulrichsgymnasiums Norden vor Konzertbeginn

Die beiden Instrumentalistinnen beteiligen sich am Hamburger TONALi Kulturprojekt, „das sich als aktiver Mitgestalter der Zukunft des Konzert- und Kulturlebens versteht und in dessen Rahmen sie gemeinsam mit Schülern Konzerte konzipieren und umsetzen“, wie es knapp und präzise im Programmheft dargestellt wurde. Und so gaben Nadja Reich und Josefa Schmidt in einem Einführungsvortrag vor dem Konzert Schülern des Ulrichsgymnasiums Norden Einblicke in ihren Alltag und in das weite Berufsfeld des Kulturmanagements.

Doch nicht nur mit den jungen Leuten, von denen eine ganze Anzahl dann auch in der Veranstaltung saßen, arbeiteten sie souverän. Auch das Konzert bewältigten sie mit bestechender Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit. Es war eine große Freude, das zu erleben.