Groß – größer – Polderhof

Am Sonntag enden die „Gezeiten“ mit dem Abschlusskonzert auf dem Friesenpferdegestüt Brümmer. Ein Blick auf die Vorbereitungen

Bunderhee. Helmuth Aiso Brümmer ist sicher: „Die Jungs schaffen das!“ Die „Jungs“ sind Mitarbeiter des Friesenpferdegestüts Polderhof in Bunderhee. Die Männer sind damit beschäftigt, 1300 Stühle in minutiöser Kleinarbeit aufzustellen, und sie messen mit dem Zollstock nach, damit die Abstände korrekt sind. Denn Brümmer, Chef des Gestüts und Geschäftsführer der ENOVA Unternehmensgruppe, ist Perfektionist. „Vernünftig“ muss alles aussehen. Das bedeutet bei Brümmer vor allem „solide“ und „exakt“. Daher duldet er auch nicht, dass die Besucher des „größten Konzertsaals Ostfriesland“ – zu diesem wird die rund 1600 Quadratmeter große Reithalle des Gestüts einmal im Jahr umgebaut – auf Stühlen Platz nehmen, die auf dem Sandboden der Halle stehen. In den letzten Tagen wurde die Halle mit rund 160 mächtigen Holzpaletten ausgelegt. Um diese zu transportieren, rückten 40-Tonner an, die direkt in die Halle fuhren. Dort wurde die Last abgeladen und der Holzboden mit Hilfe eines Krans verlegt.

Werben für die letzte Veranstaltung des Festivals: Helmuth Brümmer mit Siebo vom Polderhof, Rico Mecklenburg, Holger Franz, Lothar Janssen und Raoul-Philip Schmidt. Bilder: Karlheinz Krämer

Der Riesenaufwand für das Gezeiten-Festival wird in diesem Jahr zum sechsten Mal betrieben, hieß es auf einer Pressekonferenz, die am Mittwoch auf dem Polderhof stattfand. Brümmer ist darauf bedacht, wirklich an alles zu denken. Und obwohl der Polderhof immer den Eindruck von perfekter Ordnung macht, lässt der Chef nacharbeiten. Die Rasenflächen werden noch einmal gemäht, die endlosen Hecken geschnitten, der Barockgarten hergerichtet. Sogar die Fenster der Reithalle bleiben nicht verschont. Es rücken Fensterputzer an, die dafür sorgen, dass kein Stäubchen den Blick der Besucher trübt. Über die Kosten schweigt sich Brümmer aus. Wichtiger für ihn ist die makellose Veranstaltung. Da zieht auch die Feuerwehr mit, die mit zehn Leuten vor Ort ist und die Autos zielsicher auf das zur Verfügung stehende Feld – dem Polderhof direkt gegenüber – lotst. Dieses wurde gar nicht erst mit Korn bebaut, sondern gleich mit Gras eingesät, damit es einen stabilen Untergrund für die Fahrzeuge gibt. All das seien freiwillige Leistungen, um das Festival zu unterstützen, das seinerseits Werbung für den Ort macht.

Dem Ordnungsprinzip Brümmers ist auch das Gestüt unterworfen. Selbst die Pferde sind perfekt im Training – wie Siebo vom Polderhof beweist. Der 17 Jahre alte Hengst, 600 Kilo schwer, rabenschwarz, mit naturkrauser Mähne und mächtigem Schweif, soll mit aufs Foto. Und je nach Standort des Fotografen lässt das bildschöne Tier sich geduldig platzieren und blickt mit großen schwarzen Augen gekonnt in die Kamera. „Na ja, wir verwenden sehr viel Zeit auf die Erziehung der Tiere“, bestätigt Brümmer und sieht dem lammfrommen Tier hinterher, das wieder seiner Box zustrebt.

Ein hartes Stück Arbeit: 1300 Stühle werden von Hand platziert

Die Pferde stehen auch am Sonntag, 7. August, im Mittelpunkt. Denn bevor das letzte Konzert der Gezeiten-Saison beginnt, gibt es eine Führung über das Gestüt. 100 Besucher dürfen mit – und dieses Kontingent ist schon lange ausverkauft. Anschließend geht es um 16 Uhr auf den Reitplatz, wo die Friesenpferde präsentiert werden.

Für die Ostfriesische Landschaft bedeutet das Konzert auf dem Polderhof das größte und aufwändigste Ereignis der „Gezeiten“, wie Präsident Rico Mecklenburg sagt. Um es überhaupt verwirklichen zu können, bedürfe es nicht nur eines geeigneten Raumes, sondern auch finanzieller Hilfestellung.

Dafür engagiert sich seit vielen Jahren die Arbeitsgemeinschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Ostfriesland und die Ostfriesische Volksbank eG sowie die VR-Stiftung. Insgesamt 10 000 Euro steuern sie zum Gelingen der Veranstaltung bei. Und das mit großer Freude, wie Lothar Janssen, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Ostfriesland und Vorstand der Raiffeisenbank eG Moormerland, sagt. „Die Gezeitenkonzerte haben sich als ein weit über die Grenzen Ostfrieslands hinaus ausstrahlender kultureller Leuchtturm etabliert, den wir als langjähriger Förderer gerne begleiten.“ Und auch Holger Franz, Vorstandsvorsitzender der Ostfriesischen Volksbank eG, versichert: „Das Schlusskonzert ist auch in diesem Jahr wieder ein ganz besonderer Veranstaltungshöhepunkt in unserem Geschäftsgebiet.“

Im Mittelpunkt des Konzertes, das wieder von der Jungen Norddeutschen Philharmonie (jnp), dieses Mal unter der Leitung von Felix Mildenberger, bestritten wird, steht Schostakowitschs „Cello-Konzert Nr. 1“ mit Valentin Radutiu als Solist, sowie Gustav Mahlers „Adagio“ aus der Sinfonie Nr. 10. Der künstlerische Leiter der Gezeiten, Matthias Kirschnereit, hatte in diesem zehnten Festivaljahr versprochen: „Wir lassen es krachen!“ Und so endet die diesjährige Saison mit einem wirklichen Kracher – dem „Boléro“ von Maurice Ravel. Das freut den organisatorischen Leiter des Festivals, Raoul-Philip Schmidt besonders, der von einer zu erwartenden „musikalischen Eruption“ spricht und der einem „fulminanten Schlusspunkt“ des Festivals entgegenstrebt.

► Für das Konzert auf dem Polderhof gibt es noch einige Karten, da die Platzzahl von 1200 auf 1300 erhöht wurde, um auch Konzertfreunden, die sich spät entscheiden, die Möglichkeit zu bieten, dabei zu sein. Reservierung: Tel. 0 49 41 / 17 99 67