„Herma kann schauspölen!“

Aurich. Herma Cornelia Peters ist hochgradig theater-affin. Die Theaterpädagogin, Theatergründerin und Bühnenleiterin steht seit 1988 selber immer wieder auf der Bühne und spielt – vorwiegend auf Plattdeutsch. Ihre Neigung zum Theater ist also latent vorhanden. Nur hat sie eine Richtung genommen, die nicht selbstverständlich ist. Denn die gebürtige Uthwerdumerin beschäftigt sich in spezieller Weise mit ostfriesischer Geschichte. Sie verleiht Frauen eine Stimme, die einst in Ostfriesland eine gewichtige Rolle spielten. Zu diesen Frauen zählen etwa Adda Allena, die sie bei den Störtebeker-Festspielen in Marienhafe verkörperte.

Herma C. Peters als Wilhelmine Siefkes. Bild: Werner Jürgens

Ihre Darstellung großer Frauen der ostfriesischen Geschichte begann 2015 mit Wilhelmine Siefkes. Zum 125. Geburtstag der Schriftstellerin hatte sich die Ländliche Akademie Krummhörn (LAK) vorgenommen, das Leben der Leeraner Autorin in einer szenischen Theatercollage mit Musik zu präsentieren. Herma Peters, die gerade bei der LAK ein neues berufliches Umfeld gefunden hatte, wo sie sich um die Plattdeutschförderung in Kindergärten und Grundschulen kümmert, schlüpfte in die Rolle der älteren Wilhelmine in dem Stück „Well up de Padd van ‚d Wahrheid löppt, strumpelt neet …“

As in d` Himmel“: Herma C. Peters und Johann Mühlenbrock in einer Inszenierung des Niederdeutschen Theater Aurich e.V. 

Schon ihre Mutter war davon überzeugt: „Herma kann schauspölen!“ – und Herma spielte. Zur Rolle der Wilhelmine kam die der Gräfin Theda, Ehefrau von Ulrich I., der 1564 in der Kirche der Franziskaner in Emden zum ersten Grafen von Ostfriesland ausgerufen wurde und damit der letzte Häuptling Ostfriesland war.

Theda erzählt ihre und die Geschichte ihres Mannes – in jenes Kleid gewandet, das auf den historischen Gemälden überliefert ist und das sie aus dem Kostümfundus der Ostfriesischen Landschaft entleihen durfte. Herma Peters gestaltete die Gräfin auf der Basis von historischen Fakten in der LAK-Reihe „Dörfer erzählen Geschichten“. Aber auch bei der Eröffnung des Greetsieler Steinhauses im Sommer dieses Jahres gab sie eine Kostprobe aus dem Leben der Gräfin und Enkelin Fokko Ukenas, die nach dem Tod ihres Mannes – mit 34 Jahren und als sechsfache Mutter – zur Regentin von Ostfriesland wurde und die Geschicke des Landes rund 14 Jahre lang lenkte.

Prächtiges Gewand: Herma Peters als Gräfin Theda. Bild: Hilke Peters

Die Rolle der Ingrid Buck, Volkskundlerin und erste Frau, die zur Rätin der Ostfriesischen Landschaft gewählt wurde, mündete für Herma Peters, die auch zertifizierte Gästeführerin ist, in die gleichnamige Stadtführung zum Frauenort Aurich. Die Texte entstanden in Zusammenarbeit mit Volkskundlerin Dr. Hedwig Hangen und Museumsleiterin Brigitte Junge.

Da passte es sehr gut in das schauspielerische Konzept, dass Herma Peters sich mit ihrer nächsten Rolle quasi selbständig gemacht hat. Es handelt sich um eine sehr bestimmende Persönlichkeit der ostfriesischen Geschichte – Gräfin Anna (1501 bis 1575), Ehefrau von Enno II. (1505 bis 1540) Ihrem früh verstorbenen Gatten errichtete sie in der Großen Kirche ein Denkmal, das stilbildend wurde, und das noch heute, allerdings nur noch als Torso, vorhanden ist.

Gräfin Anna erzählt vor der Auricher Residenz ihre Geschichte vor Publikum

Und weil ihr die Rolle so wichtig ist, beauftragte Herma Peters eine Theater-Kostümbildnerin damit, ihr ein Gewand nach einem Gemälde im Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft nach Maß zu schneidern. Sehr erfolgreich war sie damit in Aurich, wo sie sich in Corona-Zeiten ganz pragmatisch Stühle und Open Air in der Nähe der Cirksena-Residenz spielte – sehr zum Vergnügen der Gäste.

Eigens für sie maßgeschneidert: Herma Peters im Gewand der Gräfin Anna. Bild: Uwe Evers

Den Text hatte sie zuvor gemeinsam mit Katrin Rodrian, Leiterin der Kulturagentur der Ostfriesischen Landschaft und Etta Bengen von der Vernetzungsstelle „FrauenLeben in Ostfriesland“ entwickelt – ein Miteinander, das Herma Peters sehr schätzt. Aus einem gräflichen Haushaltsbuch aus der Zeit der Gräfin Anna konnten die drei Damen besondere Highlights für den theatralen Text entnehmen. Mit der Rolle verknüpft Herma Peters einen besonderen Wunsch.. Sie möchte Gräfin Anna auch einmal in Emden spielen, am Enno-Grab in der heutigen Johannes a Lasco Bibliothek.

Neben ihren Frauen-Rollen, an denen sie hängt, hat Herma Peters ein neues Segment erarbeitet. Sie hat eine Ausbildung als Trauerrednerin und Freie Rednerin gemacht und betreibt diese neue Aufgabe mit Takt und Würde, wie es auf ihrer Homepage heißt (www.herma-peters.de). Als regionale Besonderheit bietet sie dieses Angebot auch in plattdeutscher Sprache an.

Und dann ist da noch eine andere, heitere Sache, die Herma Peters mit ihrer Kollegin und Freundin Edith Gleibs betreibt. Seit elf Jahren treten die beiden als Duo „Sini und Engeline“ auf – und sind damit auf Bällen, Hochzeiten und Jubiläen vertreten – immer mit selbstgeschriebenen Texten, die individuell auf die jeweilige Situation zugeschnitten werden. Und da auch dem Duo die Corona-Pandemie immer wieder in die Quere kommt, haben sie zwei Sketche kurzerhand auf Youtube eingestellt: einen zum Thema Weihnachten, einen zweiten zum Jahreswechsel. Zu finden sind sie unter dem Stichwort „Sini und Engeline“.

Herma Peters und ihre Freundin Edith Gleibs als Sini und Engeline.

Und zum Schluss – eine Auszeichnung. 2017 wurde Herma Peters für ihren Einsatz auf dem Gebiet des plattdeutschen Theaters mit dem „Keerlke“ des Verein Oostfreeske Taal ausgezeichnet. In gewisser Weise schließt sich hier ein Kreis, denn der „Keerlke“ ist eine Romanfigur von Wilhelmine Siefkes. Und in die hatte sich Herma C. Peters ja auf der Bühne verwandelt.