„Wir schaffen das!“

Johannes a Lasco Bibliothek hat für Baumaßnahme bisher zwei Millionen Euro eingeworben

Emden
. Die Johannes a Lasco Bibliothek hat bisher rund zwei Millionen Euro Fördergelder einwerben können. Das Geld wird benötigt, um das Haus für die Zukunft baulich aufzurüsten. Insgesamt beläuft sich das veranschlagte Kostenvolumen auf 2,67 Millionen Euro. Der kaufmännische Vorstand der Bibliothek, Gerhard Plenter, zeigte sich bei einem jüngsten Besuch des niedersächsischen Ministers für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, zuversichtlich, auch die noch fehlenden Mittel beschaffen zu können. „Wir sind mit Stiftungen und potentiellen Förderern im Gespräch.“ Allerdings machte er auch deutlich, dass die finanziellen Probleme angesichts von Preissteigerungen beim Material und zeitlichen Engpässen bei den Handwerkern nicht geringer werden. Dennoch ist Plenter der festen Meinung: „Wir schaffen das!“

Ein Blatt von Bedeutung: Dr. Susanne Bei der Wieden, Gerhard Plenter, Minister Björn Thümler und Professor Dr. Kestutis Daugirdas mit dem Zuwendungsbescheid für die Anschaffung eines Hightech-Scanners. Bilder: Ulf Preuß

Auch der Minister hatte bezüglich des Bauvorhabens gute Nachrichten im Gepäck. Nachdem das Land bereits in diesem Jahr eine Förderung in Höhe von 100 000 Euro überreicht hatte, kündigte Thümler an, dass im Haushalt 2023 noch einmal 100 000 Euro eingeplant sind. „Damit tragen wir dazu bei, die Johannes a Lasco Bibliothek als leistungsfähige Kultur-, Bildungs- und Forschungseinrichtung weiter auszubauen.“ Die Baumaßnahmen betreffen unter anderem die barrierefreie Zugänglichkeit, die Schaffung zusätzlicher Archiv- und Büroräume sowie die Optimierung des Veranstaltungsbereichs und der Veranstaltungstechnik (KiE berichtete).

Die Basis der Baufinanzierung bildet eine 50-prozentige Bezuschussung aus dem Bundesförderprogramm „Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Deutschland (INK) 2022“. Plenter kann inzwischen aber von geradezu verstörenden Erfahrungen bei seinen Werbeversuchen berichten. So begegnete ihm immer wieder das Argument, dass der Erhalt historischer Gebäude nicht förderfähig sei. „Die Förderung läuft tatsächlich erst dann an, wenn es für das Gebäude im Grunde zu spät ist“, zeigte er sich einigermaßen verwundert.

Tee gab es beim Besuch auch: Bürgermeisterin Andrea Risius, Björn Thümler und OB Tim Kruithoff

Plenter, der ein leidenschaftlicher Bücher-Freund ist, zeigte anhand von historischen Werken aus dem Bestand des Hauses, warum Bibliotheken des Erhaltens nicht nur würdig, sondern auch wichtig sind, da der „Blick zurück“ – generiert aus jahrhundertealten Büchern – aufschlussreich sei, um aktuelle politische Erfordernisse bewerten zu können. Er verwies auf Edward Gibbons sechsbändiges Werk „Verfall und Untergang des Römischen Reiches“ (1776 bis 1789), das demonstriere, wann eine Gesellschaft „kippt“. Oder auf Justus Lipsius, der im 16. Jahrhundert darüber schreibt, was Kriege bedeuten und was sie für Folgen haben. Oder auf Immanuel Kant, der sich im 18. Jahrhundert die Frage stellt, ob und wie ein dauerhafter Frieden zwischen Staaten möglich wäre.

Thümler ging auf Plenter ein, indem er die heutige Geschichtsvergessenheit beklagte, die unfähig sei, aus dem Vergangenen zu lernen. „Die Gesellschaft tanzt auf dem Vulkan“, resümierte der Minister, der aber gleichzeitig der Hoffnung Ausdruck gab, dass „der Mensch womöglich doch noch klug wird“.

Einen Bedeutungsverlust stellte die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche, Dr. Susanne Bei der Wieden, für die Institution Kirche fest. „Die Kirche wird als Player nicht mehr gesehen“, sagte die Vorsitzende des Kuratoriums der Bibliothek. In früheren Zeiten sei die Kirche ein Motor von Entwicklungen in Politik, Kunst, Kultur und Wissenschaften gewesen. „Ob es nicht heilsam wäre, wieder über die menschliche Begrenztheit nachzudenken? Das täte sicher gut.“

Was bedeuten Kriege und welche Folgen haben sie: ein histoirsches Buch der Bibliothek als Mahnung auch für die heutige Politik: Gerhard Plenter, Dr. Susanne Bei der Wieden und Professor Dr. Kestutis Daugirdas

In einer Zeit, als die Kirche dagegen noch Bedeutung hatte, ist ein Projekt verankert, für das die Johannes a Lasco Bibliothek gerade aufwändige Förderanträge stellt. Der wissenschaftliche Vorstand, Professor Dr. Kestutis Daudirdas, erläuterte kurz das Akademie-Projekt zur Aufklärung in Europa, das den umfangreichen wissenschaftlichen Briefwechsel zur Frage zwischen dem Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft untersuchen und digital zur Verfügung stellen wird. Die Maßnahme soll 2024 beginnen. Das interdisziplinäre und grenzüberschreitende Vorhaben wird universitär begleitet. Die Antragstellung ist entsprechend einer auf 21 Jahre angelegten Dauer ds Projektes außerordentlich umfangreich.

Dieses immer komplexer werdende und immer mehr Personal und Zeit erfordernde Verfahren der Förderanträge für mittlerweile jedwedes Projekt kritisierte Thümler ganz grundsätzlich. Sein Ministerium habe ein Konzept für eine Generalvereinfachung vorgelegt. Das sei von der Bürokratie abgelehnt worden. Es bestehe dort die Neigung, alles zu verkomplizieren. „Und wir kommen aus diesem Kreislauf nicht wieder heraus.“

Thümler hatte eine zweite gute Nachricht für die Bibliothek dabei. Er überreichte einen Zuwendungsbescheid über rund 59 000 Euro. Diese Mittel aus dem Sondervermögen Digitalisierung dienen der Anschaffung eines Hightech-Scanners. „Die Digitalisierung der wertvollen Bestände dieser ostfriesischen Spezialbibliothek ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt dieses einmaligen Kulturerbes Niedersachsens und bietet zugleich leichtere Zugangsmöglichkeiten für die Forschung.“

Oberbürgermeister Tim Kruithoff dankte Björn Thümler für seine „Gewogenheit“. Er sehe, dass der Minister mit ebenso viel Herzblut bei der Sache sei wie „das wunderbare Team der Johannes a Lasco Bibliothek“, die Reputation weit über die Grenzen Deutschlands hinaus genieße.