Ein Journalist auf der Kanzel

Emden. Mit einem Gottesdienst in der Martin-Luther-Kirche ist der Emder Journalist Jörg-Volker Kahle als Prädikant des lutherischen Kirchenkreises Emden/Leer eingeführt worden. Damit darf er nun eigene Predigten halten. „Freie Wortverkündigung“ heißt das im theologischen Duktus – und Kahle konnte gleich demonstrieren, wie sich das bei ihm anhört.

Jörg-Volker Kahle auf der Kanzel der Martin-Luther-Kirche, hinter sich die Beckerath-Orgel. Bild: Iris Hellmich

Denn er hielt unter dem Motto des Gottesdienstes „Gott loben, das ist unser Amt“ eine Predigt, die um den Zusammenhang von anspornendem Zorn und Lobgesang kreiste. Sich auf den biblischen Kontext dezidiert beziehend, lenkte Kahle den Blick eingangs auf seinen biographischen Background als Redakteur der Emder Zeitung und erinnerte lebhaft an Chefredakteur Herbert Kolbe (gestorben 2014), der oft genug mit flammendem Zorn seine Mitarbeiter kritisierte, ihnen aber zugleich immer menschlich zugewandt blieb. Denn, wie Kahle anmerkte, die Kritik des Chefs sei eigentlich immer berechtigt gewesen.

Die Superintendentin des Kirchenkreises, Christa Olearius, führte Kahle offiziell in das Amt ein. Dieser nahm die Berufung mit den Worten „Ja, mit Gottes Hilfe“ vor dem Altar kniend an. An der Liturgie beteiligt waren die Emder Pastoren Bonna van Hove, Christoph Jebens, sowie Kahles Mentor, Onno Schulz, und der befreundete Pastor im Ruhestand Günther Prüße (Braunschweig). Aber auch Mitglieder des Kirchenvorstandes und Prädikanten-Kolleginnen aus Ostfriesland wurden eingebunden. Die Evangelische Kantorei unter Kantor Marc Waskowiak und Brigitte Höhn übernahm die musikalische Gestaltung.

Jörg-Volker Kahle (Jahrgang 1954) wurde in Dortmund geboren und studierte in Bochum die Fächer Germanistik und Anglistik. 1984 kam er nach Emden, wo er sein Referendariat am Johannes Althusius-Gymnasium absolvierte. Doch in einer Zeit der Lehrerschwemme war die berufliche Zukunft unsicher. Daher arbeitete Kahle zunächst als freier Mitarbeiter, bald als Volontär und dann als Redakteur bei der Emder Zeitung, die ihn in unterschiedlichen Ressorts einsetzte. Zuletzt war Kahle, der in Emden unter seinem Autorenkürzel „jvk“ bekannt ist, im Sport beschäftigt.

Als Konfirmand der Westfälischen Landeskirche entdeckte Jörg-Volker Kahle seine Neigung. „Die Familie war nie ganz kirchenfern.“ Das blieb auch in Emden so, wo er schließlich für den Kirchenvorstand kandidierte und gewählt wurde. Irgendwann drückte ihm Bonna van Hove einen Prospekt in die Hand. Es ging um die Ausbildung von Lektoren. Kahle machte mit und durfte seit 2013 eigene Gottesdienste halten, wobei er aber nur „Lesepredigten“ vortragen durfte. Für ihn war es naheliegend, dann auch den nächsten Schritt zu tun, um das Recht der „freien Wortverkündigung“ zu erhalten. Ein Kolloquium bei Regionalbischof Dr. Detlef Klahr stand am Ende dieser Phase. Das sei ein ganz wunderbares Abschlussgespräch auf der Basis zweier Predigten gewesen, die er gegen Ende der mehrjährigen Prädikanten-Ausbildung als „Hausaufgabe“ schreiben musste, erläutert Kahle und schwärmt dabei vom Einfühlungsvermögen des Regionalbischofs.

Im Oktober predigt er gleich zweimal (16. Oktober, 11 Uhr, Markus-Gemeinde Jahnstraße und 30. Oktober, 11 Uhr, Martin-Luther-Kirche) und soll somit, wie es Christa Olearius formulierte, „… für andere zum Segen werden!“