Musik mit Wucht und Balance

Rysum. Das Oktober-Konzert von „Weltklassik am Klavier“ im Rysumer Fuhrmannshof war am Sonnabend (29. Oktober) nicht nur gut besucht, sondern es fiel generell bemerkenswert aus. Der Ukrainer Artem Yasynsky lebt seit zwölf Jahren in Deutschland und ist inzwischen Professor für Klavier an der Hochschule für Künste in Bremen.

In der lockeren Atmosphäre des schönen Veranstaltungsortes, bestimmt von der selbstverständlichen Freundlichkeit von Gastgeberin Kathrin Haarstick, ging auch der Pianist ganz aus sich heraus. Yasynsky präsentierte drei wunderschöne Sonaten von Domenico Scarlatti – kraftvoll, ohne die filigranen Elemente zu verleugnen. Gleichwohl blieb auch bei den folgenden Stücken der Eindruck von intensiver Präsenz und spielerischer Wucht – schon allein animiert durch die Ankündigung von Kathrin Haarstick, dass bei Bachs Toccata und Fuge (BWV 565) „das Dach wegfliegen wird“.

Das Dach des kleinen Gulfhofs mitten in Rysum blieb zwar drauf, aber es war schon eine eindrückliche Vorstellung, die Yasynsky im dämmerigen Gulf gab. Die berühmte Bach-Musik erklang in der Bearbeitung von Busoni ganz frisch und lebhaft – getrieben von der intensiven Dynamik des Pianisten.

Es gab eine hinreißende Schubert-Sonate, die von einer temporeichen Interpretation lebte, eine unglaublich dichte Partita von Bach und eine komplexe Sonate des Bach-Sohnes Carl Philipp Emanuel – alles offenbar nach der Maxime ausgewählt, größtmögliche und dramatische Virtuosität vorzustellen – sehr zum Gewinn für die Zuhörer, die fasziniert waren von der Fingerfertigkeit des Instrumentalisten.

Doch dann kamen die Zugaben – und nun erlebten die Anwesenden einen neuen Höhepunkt. Yasynsky ließ sich einige Noten vorgeben und begann eine brillante Improvisation. Als Kathrin Haarstick ihm das Wort „Katze“ vorgab und um eine weitere Improvisation bat, da entwickelte Yasynsky ad hoc aus dem Krallenkratzen eine kleine Szene. Das war schon großes Kino – und schuf eine wundervolle, sehr sympathische Balance innerhalb des Konzertes.

Die Sache mit der Kratz-Impro war übrigens absehbar, denn die schwarze Haarstick-Hauskatze schlich während des Konzertes ruhelos durch die Reihen, war mal unter dem Klavier, mal auf der Rückenlehne eines Sessels zu finden. Doch da sie ihre Runden völlig entspannt und ruhig drehte, gehörte auch dieses tierische Element zum von Kerzen beschienenen Gesamtambiente des Fuhrmannshofes und wirkte sehr entspannend.