Perlen barocker Musik

Emden. Ein intimes Konzert mit barocker Musik unter feierlichem Kerzenlicht– das erlebten rund 80 Besucher am Morgen des dritten Advent in der Johannes a Lasco Bibliothek. „Cantus novus“ – das „neue Lied“ – führte in die Zeit zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert, als die Komponisten verstärkt aus rein kirchlichen Kontexten heraustraten, ohne sie hinter sich zu lassen. Daher stellte das fünfköpfige Ensemble die Cantate Domino“ von Johann Philipp Krieger an den Beginn, ein mehrsätziges Werk, in dem der Sopran von Vilma Pigagaite ein klares Statement schaffte, das in den zwei Barockviolinen, dem Barockcello und der Arciliuto eine klangvolle Unterstützung fand, wobei sich Instrumente und Stimme in einen wunderbaren Wohlklang ergossen.

Sie konzertierten in der Bibliothek: Guido Eva, Csenge Orgován, Miriam Griess, Gerlind Puchinger und Vilma Pigagaite

Ein besonderer Programmpunkt waren die Soli. Zunächst spielte Guido Eva (Barockvioline) die Passacaglia g-Moll, mit der die fünfzehn Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Biber enden. Für jede Sonate wird dabei eine andere Stimmung der Saiten verlangt. Und ebenso wie jede Sonate eingeleitet wird durch eine Federzeichnung, weist die Passacaglia die Darstellung eines Schutzengels aus, weshalb sie auch Schutzengelsonate genannt wird. Rund 40 Jahre vor Bach steht dieses Werk solitär in seiner Zeit, und Guido Ewa gestaltete es in ergreifender Weise, wobei die Akustik der Bibliothek den Eindruck von Innigkeit noch zu unterstützten vermochte.

Das zweite Solo spielte Gerlind Puchinger auf der Arciliuto, einer Laute mit zwei Wirbelkästen auf einem extrem langen Hals und auffallend kleinem Corpus. Dennoch zeigte sich dieses bemerkenswerte Instrument als sehr durchsetzungsfähig in der Lautstärke, und – nicht nur in dem italienischen Tanz „Bergamesca“ von Bernardo Gianoncelli – auch als ausgesprochen harmonisch klingend. Und natürlich sorgte allein die Imposanz des Instrumentes mit dem breiten Griffbrett und seine Handhabung für aufmerksame Blicke.

In diesem, mit barocken Musikperlen angefüllten Konzert, bildete gleichwohl Vivaldis „La Follia“ einen besonderen instrumentalen Höhepunkt. Die diffizilen Variationen wirkten in der kleinen Besetzung mit zwei Barockviolinen (neben Eva spielte Csenge Orgován), Barockcello (Miriam Griess) und Arciliuto geradezu betörend und besonders reizvoll in der schönen Präsentation.

Am Schluss stand das in vielen Sätzen ausgeführte „Gloria“ von Händel, in dem der Meister des durchkomponierten „Amen“ für diesen Hymnus eine ideenreich sich verströmende Akklamation in immer raffinierteren auf- und absteigenden Tonfolgen geschaffen hatte, die dem reinen Sopran von Vilma Pigagite eine brillante Aktionsfläche bot. Damit wurde dem Konzert zugleich ein Rahmen gegeben, in dem sich die einzelnen Programmpunkte nun wie zu einem Zyklus aneinander reihten.

Gemeinsam mit den Zuhörern wurde das Weihnachtslied „Engel haben Himmelslieder“ von Franz Koringer angestimmt – und damit blieb sich das Konzert bis ins Detail treu, ein Konzert, in dem das Engelsmotiv sich ebenso durchzog wie weltliche, tänzerische Anteile, und in dem deutlich wurde, dass in dieser Zeit eine Einteilung in weltliche und geistliche Musik eben „keinen strengen Unterschied“ mehr bedeutet, wie der wissenschaftliche Vorstand der Bibliothek, Professor Dr. Kestutis Daugirdas, es eingangs in seiner Begrüßung angekündigt hatte.