Im Licht der Öffentlichkeit

Emden. Die vierte Passionsandacht im Ostfriesischen Landesmuseum – Motto „Kunst und Kirche im Dialog“ – befasste sich mit der „Geißelung Christi“ aus dem Zyklus des Hans II von Coningslo. Museumspädagogin Evelina Peuser-Broeker und Pastor Christoph Jebens gestalteten das Programm im sehr gut besuchten Rummel von kunsthistorischer und theologischer Seite aus. Unterstützt wurden sie musikalisch von Lea Waskowiak (Geige) und Marc Waskowiak (E-Piano), die die Sonate G-Dur, BWV 1021 spielten. Marx Waskowiak fügte eine Improvisation hinzu, die wie eine Kommentierung des grausamen Bildgeschehens wirkte.

Die Türen sind stets offen und laden ein zur nächsten Passionsandacht von lutherischen Gemeinden und Ostfriesischem Landesmuseum

Im Licht der Öffentlichkeit werde Christus – wie auf einer Bühne beleuchtet – unter den Augen einer gaffenden Menge auf dem Marktplatz entwürdigt. Aber trotz der martialischen Folterwerkzeuge und eines blutbefleckten Gewandes zu seinen Füßen bleibe der Körper Jesu unversehrt. Von den umstehenden Beobachtern, die anders, als die an der Geißelung beteiligten Personen, im Dunkeln bleiben, greife niemand ein. Ein anderer Beobachter, so schilderte es Evelina Peuser-Broeker, sei hoch auf einem Hausdach zu finden – ein Storch. Dessen schwarz-weißes Gefieder vereine in sich die Bedeutungen von Gut und Böse. Der Vogel stehe in der Kirche als Symbol für den Seelenträger. Peuser-Broeker erinnerte daran, dass Körperstrafen in vielen Ländern der Welt noch heute üblich sind.

Christoph Jebens sprach die Gewalt an, die bis heute unter dem Deckmantel des Verschweigens zu finden sei: das missbrauchte Kind, die geschlagene Frau, die versuche, die Gewaltfolgen unter einer Sonnenbrille zu verstecken. Gewalt sei ein essentieller Teil des Menschseins, schlussfolgerte der Pastor. Gewalt und öffentliche Demütigung gingen dabei Hand in Hand. Die Gewalt gegen Jesus sei von der Gesellschaft gewünscht worden. „Es gibt wohl eine kollektive Lust am Untergang.“ Dabei fielen Schuld und Strafe zurück auf jene, die sie forderten. Jesus erfülle seinen Auftrag, decke die Schande der Menschen auf, bleibe ihnen aber dennoch treu. „Das ist Erlösung!“

► Die nächste Andacht findet am 22. März um 18.15 Uhr im Rummel des Rathauses am Delft statt. Das Motto: Verachtung und Gleichgültigkeit. Museumspädagogin Ilse Frerichs und Pastor Heiner Dorkowski sprechen über die Kreuzigung aus dem Passionszyklus des Hans II von Coninxloo. Den musikalischen Anteil leisten Brigitte Höhn (E-Piano) und Daniela Dammert (Gesang). Eintritt: frei. Um eine Spende für die Restaurierung eines Gemäldes des Landesmuseums wird gebeten.