Kirchturm von Uttum wird restauriert

Uttum. Der Turm der Kirche von Uttum wird derzeit mit hohem Aufwand saniert und restauriert. Das teilte der Kirchenvorstand auf Anfrage mit. Die Arbeiten sollen bereits im August beendet sein. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 400 000 Euro. Sie kommen aus Zuwendungen des Amtes für regionale Landesentwicklung (ARL), aus Ausschüttungen von Stiftungen, einem hohen Eigenanteil der Kirchengemeinde, der durch Hand- und Spanndienste von Gemeindemitgliedern erweitert wird, sowie durch eine Zuwendung der Evangelisch-reformierten Landeskirche. Auch die Oldenburgische Landesbank spendete für das Vorhaben. Denn der Turm sei von „überregionaler Bedeutung“, wie die Obere Denkmalschutzbehörde den Uttumern attestierte.

Der Turm der Uttumer Kirche, hier noch ohne Gerüst

Die Turmsanierung ist bereits das dritte Kirchen-Projekt, das die Krummhörner Gemeinde realisiert. ► 2013 wurden der Guß einer neuen Bronzeglocke und der Einbau neuer Aufhängungen innerhalb des Glockenstuhls für das Vierer-Geläut mit rund 70 000 Euro finanziert.
► 2020/21 konnte die Restaurierung der historischen Renaissance-Orgel von 1660 durchgeführt werden. Finanzvolumen: rund 200 000 Euro.
► Und nun ist der Turm von 1527 in den Fokus gerückt. Er verlor 1930 Teile seines Mauerwerks und stürzte teilweise ein. Daraufhin wurde er verkürzt und mit einem Zeltdach versehen.

Der Turm präsentiert sich heute als gedrungenes Gebäude, dessen architektonische Struktur im Innern 1974 durch den Einbau einer Leichenhalle weiter verfremdet wurde. Dabei ist gerade die einst neun Meter hohe Turmhalle ein besonders wichtiges Gebäudeteil, das früher mit einem Sterngewölbe prunkte und über einen großen Mauerbogen mit dem Kirchenbau verbunden war. Architekt Einar Tonndorf will die Innenhöhe der Halle wieder sichtbar machen – daher muss die Leichenhalle ausgebaut werden. Diese Arbeit wird in Eigenarbeit durchgeführt. „Das ist auch kein Problem, wenn alle mit anfassen“, sagt Gemeindevorstand Christian Janssen – wobei sein Kollege, Temmo Hollander, zustimmend nickt.

Temmo Hollander und Christian Janssen vor der Tür, die zur Leichenhalle im Turm führt. Der marode historische Türsturz soll im Zuge der Restaurierungsarbeiten wieder in Ordnung gebracht werden

Hollander war beruflich Standesbeamter. Jetzt kümmert er sich um die – immer noch per Hand geschriebenen – Kirchenbücher, organisiert den Gottesdienst und sorgt somit dafür, dass seit fünf Jahren jeden Sonntag ein Prediger auf der Kanzel steht – was von anderen vakanten Gemeinden mit neidvoller Bewunderung gesehen werde, sagt Janssen. Der Abbruch der Leichenhalle bedeutet für die Gemeinde keinen Schaden. Sie werde im Grunde nicht mehr benötigt, versichert Hollander. Auch in der Krummhörn ließen sich die meisten Menschen verbrennen. Die wenigen Körperbestattungen in Särgen, die noch stattfänden, könnte man auch an anderer Stelle würdevoll aufbahren – unter dem historischen Leichentuch von 1929, das über ein passgenaues Heck gezogen wird.

Um im 16. Jahrhundert den Turm als markantes Zeichen bauen zu können, musste das vierte Joch der mittelalterlichen Kirche abgebrochen werden. Der Turm wurde errichtet, indem mächtige Eckpfeiler gesetzt und dazwischen einfache, relativ dünne Wandflächen eingespannt wurden. So kraftvoll sind die Eckstützen, dass man in den nordöstlichen Bereich eine steinerne Treppe integrieren konnte, die sich in engen Windungen nach oben zieht. Man sieht noch an verschiedenen Bauteilen im Treppenverlauf, dass hier Türen eingebaut waren – denn der Turm galt in historischer Zeit als Fluchtstätte im Falle von Überfällen.

Steiler Anstieg: die Wendeltreppe innerhalb des Turms

Nach dem Einsturz 1930 wurde die Kirche geschlossen, der Turm blieb als Ruine zurück. Die Wiederherstellung erfolgte 1933/34. Dabei baute man das oberste Geschoss und das ursprüngliche Satteldach mit dazugehörigen Dreiecks-Giebelabschlüssen nicht wieder auf, wie es in einer Dokumentation „zur vorbereitenden Untersuchung“ heißt. Eine der wichtigsten Arbeiten dabei war das Unterfangen der Ostseite des Turmes – es ist die Seite, die dem Kirchengebäude zugewandt ist. Hier wurden drei sogenannte Brunnengrabungen zehn Meter tief in den Boden eingebracht. Der Arbeiter, der diese Arbeit unter Lebensgefahr von Hand erledigte, war der Uttumer Tjade Davids.

Die drei Gründungen verband man mit 70 Zentimeter starken Stahlbeton-Balken und überfing alles mit einer Stahlbeton-Platte, um den Turm zu stabilisieren. Damit auch die Schnittstelle zwischen romano-gotischem Kirchbau und spätgotischem Turm – dieser hatte sich zuvor in Richtung Kirche geneigt – abzusichern, wurden innerhalb des Kirchenraums hohe Stützmauern eingezogen. Diese Konstruktion hält bis heute.

Bei der Finanzierung des Turm-Projektes gingen die Uttumer einfallsreich vor. Es fehlten nämlich trotz der vielen Fördergelder am Ende 70 000 Euro. Man wandte sich an die Hermann Reemtsma-Stiftung in Hamburg. Die reagierte positiv, als daran erinnert wurde, dass der Unternehmer Bernhard Reemtsma, Gründer der Reemtsma Cigarettenfabriken, 1857 in Sielmönken geboren wurde. Der Ort gehörte damals zum Kirchspiel Uttum.