Ostfriesland aus Sicht eines Ostfriesen

Emden. „Es gibt derzeit kein besseres Buch über die ostfriesische Geschichte“, sagt Carl-Heinz Dirks und amüsiert sich selber über das Eigenlob, dass er seinem Werk spendet. Er hat auf Betreiben des Ellert & Richter Verlages eine populäre Darstellung der hiesigen Historie geschrieben, die schon im Untertitel darauf verweist, wie umfassend sie angelegt ist: „Von der Freiheit der Friesen bis zu Deutschlands witzigstem Otto“. „Otto dürfte ja eigentlich nicht vorkommen. Der lebt ja noch“, meint der studierte Historiker und Germanist.

Carl-Heinz Dirks und seine „Geschichte Ostfrieslands“

Doch Otto verweise auf die grundsätzliche Ausrichtung des 190 Seiten starken Bandes. Es wendet sich nämlich nicht nur an den interessierten Laien, sondern auch an junge Leute und an die Gäste Ostfrieslands. Es ist unter anderem ein touristisch gemeintes Buch und kommt sprachlich entsprechend „flockig“ daher. „Der Text soll doch mit Freude gelesen werden“, sagt der Autor und verhehlt nicht, dass er auch zu seinen kommentierenden Einwürfen steht, die in einem klassischen Geschichtsbuch nichts zu suchen hätten. Er verwende solche Einwürfe, um den Leser zu leiten und zum Weiterlesen zu verleiten. „Aber letztlich ist ein Buch über Geschichte immer auch schon eine Interpretation“, meint Dirks. Denn der Autor treffe eine Auswahl und bewerte damit, was aufgenommen werde und was nicht. Für ihn selbst habe das beispielsweise bedeutet, interessante Fakten auslassen zu müssen, um die vom Verlag erwünschte Länge nicht zu überschreiten.

Die oberste Prämisse beim Schreiben sei gewesen, mit seiner Geschichtsdarstellung nicht belehren zu wollen, sagt der Autor. Daher findet sich auf den knapp 200 Seiten einiges, was nicht in den Bereich der Fakten gehört. Dazu zählt Dirks seine Ausslassungen über Störtebecker. Der legendäre Pirat werde, so die Auffassung des einstigen Gymnasiallehrers „völlig falsch dargestellt“. Er vermutet sogar Züge des Christentums in der Vita des Kaperfahrers. Und auch wenn die im Ostfriesischen Landesmuseum befindlichen angeblichen Störtebeker-Relikte, darunter die legendären Pantoffeln, vermutlich gar nicht dem Liekedeeler gehört hätten, sei die Geschichte an sich doch spannend und erzählenswert.

Das Buch beginnt jedoch chronologisch – mit der Eiszeit. Ausgehend von der Fragestellung, warum Ostfriesland denn wohl so flach sei, erkundet Dirks die letzten 10 000 Jahre und stellt angesichts der unterschiedlichen Höhen der Meeresspiegel eine wenig hoffnungsvolle Prognose. Weiterhin macht Dirks seine Lesr mit den Landschaftsformen bekannt, mit der Entstehung der Inseln,. Er erzählt vom Deichbau und der Friesischen Freiheit. Er berichtet über die Häuptlingszeit, die Sturmfluten, die Zeit der Cirksena. Das alles erfolgt in kurzen Kapiteln, die informativ und anekdotenreich die Geschichte der Region entfalten.

Auf Wunsch seines Verlages fügt Dirks auch noch über die einzelnen Inseln und die Städte hinzu. Kein Problem für den Autor. „Ich beschäftige mich schließlich seit 50 Jahren mit der ostfriesischen Geschichte.“ Er habe in Vorbereitung auf das Buch zusätzlich noch „enorm viel gelesen“. „Manchmal hat mir der Kopf geschwirrt.“ Denn viele Informationen mussten noch einmal geprüft werden, und das Harlingerland war nicht gerade ein Spezialgebiet des Autors. Da musste doch einiges an Aufwand investiert werden. Dazu zählt auch die Auswahl für das Kapitel „Bedeutende Ostfriesinnen und Ostfriesen“, das sich zwischen Occa Ripperda und Rudolf Eucken, Antje Brons und Otto Waalkes bunt und vielfältig gestaltet.

Das Buch ist fertig. Das Projekt abgeschlossen. Der Verlag offensichtlich zufrieden. Und nun? „Ich hätte wirklich Lust, ein Buch über die Niederlande zu schreiben“, sagt Dirks. Dorthin hat er über seine Arbeit mit Sprache und Dichtung viele Kontakte. Mit Sprache befasst sich auch ein weiteres Buch, das Dirks für seinen Hamburger Verlag geschrieben hat. „Wi proten un wi snackt in Ostfriesland“ liegt seit 2021 vor.

► Carl-Heinz Dirks ist gebürtiger Emder („Ich bin ein Fan der Stadt“), studierte in Hamburg Niederdeutsch und Regionalgeschichte, gab ein Vierteljahrhundert die Zeitschrift „Diesel“ (Distel) heraus und war beruflich Gymnasiallehrer.

► Seine „Geschichte Ostfrieslands“ ist im Ellert & Richter Verlag erschienen, zählt 240 Seiten und kostet im Handel 25 Euro, ISBN 978-3-8319-0808-0

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