Keine Lösung für ein Paradoxon

Eilsum. Ein Festival, das unter dem Motto „Dona nobis pacem“ firmiert, bietet geistliche Musik. Und so war es nur schlüssig, dass auch der Abschluss des „Krummhörner Orgelfrühlings“, der am Sonntag (14. Mai) in der Kirche zu Eilsum stattfand, diesem Genre gewidmet war. Und dieses Konzert war etwas besonderes. Es gab ein sehr kleines Orchester, eine große Stimme und Kompositionen des nord- und mitteldeutschen Raumes aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In unterschiedlichen Besetzungen wurde in den Beiträgen der Ruf nach Frieden, nach Erbarmen, nach Errettung laut. Es wurden aber auch Gotteslob und -dank instrumental und stimmlich in schönster Weise eingepflegt.

Isabel Schicketanz verfügt über einen Sopran, der kraftvoll und ausdrucksstark die zumeist nach Psalmen formulierten Texte singen kann. In der kühlen Akustik der Eilsumer Kirche schuf der volltönende, warme Sopran ein emotionales Feld, das gefüllt wurde mit Anteilnahme oder Pracht, mit Selbsterkenntnis oder Lob, mit Gegensatzpaaren, die ja nun einmal das Kennzeichen jener Epoche sind, in der das „himmelhoch jauchzend“ mit einem starken „zu Tode betrübt“ kontrastiert.

Das kleine, wohl bestückte Instrumental-Ensemble „Corona Harmonica“ begleitete nicht allein den Sopran, sondern war ein gleichberechtigter Partner – jede Stimme entfaltete sich als ein solistischer Einsatz, es war in jeder Stimme blendend besetzt und erwies sich im Zusammenspiel als ein erstaunlich voluminöser Klangkörper.

Dabei gab es ein Wiedersehen mit der Emder Barockviolinistin Mechthild Karkow, die eine Professur in Bremen bekleidet. Friederike Lehnert aus Dresden spielte ebenfalls Barockvioline, Dávid Budai aus Budapest gab mit seiner Viola da Gamba die Tiefe, und Jan Katzschke leitete vom Virginal aus. Dabei bewies er, dass das Instrument, bei dem die Saiten quer zu den Tasten verlaufen, seinen Namen zu recht trägt, weil es „wie eine Jungfrau mit weicher und süßer Stimme singt“.

Katzschke nutzte aber auch die Orgel, deren Prospekt zwar die Jahreszahl 1709 aufweist, deren Pfeifen aber 1967 in der Berliner Werkstatt von Karl Schuke gefertigt worden. Der Organist und Cembalist sang aber auch mit einer wunderbaren Stimme im Duett mit Isabel Schicketanz in der Zugabe: „Verleih uns Frieden gnädiglich“ von Heinrich Schütz. Und damit war das Motto des Festivals noch einmal in einer ebenso eindrucksvollen wie sprechenden Weise erfüllt worden. Das Publikum war es zufrieden – und die Musiker anscheinend auch, denn sie strahlten derart, dass man die Harmonie, die den Namen des Ensembles ausmacht in allen Gesichtern wiederfinden konnte.

Ganz am Ende steht – bei aller Schönheit der geistlichen Musik der Barockzeit – eine banale Erkenntnis: dass nämlich der Wunsch nach Frieden uralt, der Mensch aber nicht fähig ist, Frieden zu halten, obwohl er ebenso lange um diesen bittet. Das Forschen in der Alten Musik machte deutlich, dass es für dieses Paradoxon offenbar keine Lösung geben kann.