Emotionale Momente!

Marienhafe. Welch ein umwerfendes Programm! Fünf Werke von fünf Komponisten zwischen Barock und Moderne. Gespielt wurde es von dem ukrainischen Exilorchester MRIYA – und die neun Streicher zeigten eine Begeisterung und einen Enthusiasmus, der herzerwärmend wirkte. Dabei war die musikalische Qualität nicht zu unterschätzen.

Das Ukrainische Exilorchester MRIYA in der Kirche zu Marienhafe. Bilder: Karlheinz Krämer

Edvard Griegs Suite „Aus Holbergs Zeit“ stand am Beginn des Abends und verbreitete einen unwiderstehlichen Charme mit seinen allseits bekannten fünf Sätzen. Der Klang kommt voll und rund bei den Gästen in der ausverkauften Marienkirche in Marienhafe an. Und das trotz der massiven Steinwände, die Kühle verbreiten. Diese verwandelt sich jedoch rasch in warme Zuneigung zu der Streichergruppe, die auf jede positive Regung mit strahlendem Lächeln reagieren.

Der Reflex auf die „Suite im alten Stil“ von Grieg erfolgte ganz zum Schluss. Denn da war man mittendrin, in der alten Zeit. Franz von Bibers humorige Verballhornung einer „Schlacht“ (Battalia) bot nicht nur erheiternde Aspekte, etwa in dem Satz „Die liederliche Gesellschaft“. Vielleicht war das Stück aber auch ein mutiges Zeichen, dem Krieg (in ihrer Heimat) eine Nase zu drehen. Denn die Ukrainer zeigten Selbstbewusstsein.


Wie in barocker Zeit wurde stehend musiziert. Man hatte also genügend Bewegungsfreiheit – und der war bei den beiden ukrainischen Kompositionen, die vor der Pause gespielt wurden, auch nötig. Großräumige Klangfelder gestaltete „Chorale“ von Hanna Gavrylets. Noch eindrucksvoller und voluminöser erklang Zoltan Almashis „Maria’s City“, eine Elegie, gewidmet der Stadt Mariupol. Die Musiker spielten die heimischen Klänge noch inniger und berührender als sie sonst schon agierten, und das Volumen der Musik erfüllte die Kirche ganz. Emotionale Momente!

Der zweite Teil begann mit Gustav Holsts „St. Paul’s Suite“, einem Stück, das ebenfalls alte Anklänge vermittelt. So wurden etwa im Finale Melodien des 16. Jahrhunderts verarbeitet. Auch diese Suite wurde zu einem hinreißenden Erlebnis. Erstaunlich, wie das Exilorchester den traurigen Anlass, dem es seine Existenz verdankt, in derart feiner, nachdenklicher, aber eleganter Weise verarbeitet. Das Publikum wusste es zu danken.

Pausieren im Schatten des Störtebecker-Turmes

MRIYA trat in folgender Besetzung auf: Olena Tsurkan, Hanna Tsurkan, Viktor Ivanov und Evheniia Zeziukova (Violinen), Kateryna Suprun und Andrii Makii (Viola), Maria Mohylevska und Denys Karatchevtsev (Violoncello) und Kostiantyn Kruhliak (Kontrabass)