Die Faszination hielt

Marienhafe. Seit 30 Jahren gastiert er im Rahmen des Musikalischen Sommers in Ostfriesland. Klarinettist Dimitri Ashkenazy war auch im Jahr des 40-jährigen Bestehens des Festivals vor Ort. Gemeinsam mit dem Hornisten Martin Roos und dem Pianisten Iwan König gestaltete er einen Abend in der Kirche von Marienhafe.

Spielten Charles Koechlins kleine Stücke für Klarinette und Alphorn: Dimitri Ashkenazy und Martin Roos

Der Star des ersten Teils des Abends war allerdings – ein Instrument. Martin Roos spielt nicht nur Horn, sondern auch Alphorn. Dieses folkloristische Gerät, einst genutzt, um die Kühe auf den Almen zusammenzutreiben, könne durchaus als konzertantes Instrument auftreten, meinte Roos – was er dann auch gleich auf seinem „exotischen Instrument“ vorführte. Es sind vorwiegend kurze Stücke, die für die Kombination Alphorn und Klavier, beziehungsweise Klarinette und Alphorn zu hören waren. Doch die haben es in sich, denn der satte Klang des alpinen Gerätes ist spektakulär, zumal wenn es von einem Meister seines Fachs wie Roos gespielt wird.

Beim zweiten Einsatz wurde das Alphorn durch zwei Zwischenstücke baulich sogar noch verlängert. Durch diese Verlängerung, so erläuterte Roos, könne der Grundton verändert werden. Das war für die „Quartre petites pieces“ von Charles Koechlin nötig. Das Instrument selber wird ohne Ventil gespielt. Es erklingt die sogenannte Naturtonreihe, bei der die Töne nur durch die unterschiedliche Art des Anblasens erzeugt werden.

Dass sich dennoch feine, differenzierte Stimmungen ergeben, machte den Mehrwert des Abends aus. Zwischen fröhlich, tänzerisch und tiefernst variierten die Beiträge. Immer aber bestach die sonore Kraft des Alphorns – und natürlich sein ungewöhnlicher Anblick neben den gewohnten Instrumenten. Das empfanden die Besucher in der ausverkauften Kirche zu Marienhafe offenbar ebenso. Die Faszination hielt sich.

Erst ganz zum Schluss griff Martin Roos zu seinem Kerninstrument, dem Horn, und spielte mit Ashkenazy und König das Trio Es-Dur op. 40 von Johannes Brahms. Dieses ist eigentlich für Naturhorn, Violine und Klavier geschrieben. Doch gibt es viele andere Instrumentierungen, denen Ashkenazy nun jene für Klarinette hinzufügte. Er habe schon überlegt, die Noten für sein Instrument selber zu schreiben, als ihm beim Stöbern im Internet eine Partitur in die Hände gefallen sei, die er für so passabel hielt, dass diese nun in Marienhafe erklang.

Die Akustik war allerdings stellenweise heikel. Das war den mächtigen Steinmassen der einschiffigen Kirche geschuldet, die den Instrumenten nicht recht wohl wollte. Im ersten Teil hatte das keine Rolle gespielt, ja dem „Thema con Variazione“ für Klavier und Klarinette von Jean Francaix sogar ganz gut getan. Gleichwohl: die drei Profis wussten sich zu behaupten und erhielten zu Recht langen Applaus.