Wunderschön und wegweisend

Dornum. Bernhard Klapprott ist Organist und lehrt Cembalo und historische Tasteninstrumente an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar. Er ist Dirigent, konzertiert weltweit, er forscht, spielt preisgekrönte Tonträger ein, und er initiierte die Reihe „Nachtorgel bei Kerzenschein“ in der Dornumer St. Bartholomäus Kirche neu. Warum ist für den Weitgereisten gerade die Dornumer Orgel so interessant? Er habe diese Orgel des Gerhard von Holy schon als junger Mann – lange vor ihrer Restaurierung – gespielt, kenne und schätze das Instrument. „Es kann nicht sein, dass eine derart schöne Orgel nur im Gottesdienst zu hören ist“, sagte Klapprott zur Eröffnung der neuen Reihe, die immer am Freitag um 21 Uhr beginnt.

Vor Konzertbeginn: die riesenhafte Orgel des Gerhard von Holy dominiert die kleine Dorfkirche von Dornum. Rechts sind die Doppel-Emporen zu erkennen, vorne im Bild: das Portal und der reich geschmückte Gang, der zur Barockkanzel führt. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Klapprott, der von sich aus auf die Gemeinde zuging, habe dann mit Pastorin Cordula Trauner und dem Kirchenvorstand ein neues Konzept für die „Nachtorgel“ entwickelt, sagte Kirchenvorstand Holger Billker. Die Pastorin sei inzwischen Superintendentin von Hildesheim, ihre Stelle in Dornum und Resterhafe vakant. Aber dennoch solle es mit den Internationalen Sommerkonzerten weitergehen.

Bernhard Klapprott vor dem Orgelprospekt

Wie der Titel des kleinen Orgelfestivals besagt, brannten in der schönen St. Bartholomäus Kirche nicht nur alle Kerzen der historischen Leuchterkronen, sondern auch die Altarkerzen. Das elektrische Licht wurde gelöscht – und Klapprott begann das Konzert, das im Grunde eine Vorstellung der zahllosen Möglichkeiten war, die die Orgel von 1711 mit ihren 1770 Pfeifen, den drei Manualen, dem Haupt- und Brustwerk, Rückpositiv und Pedal in sich birgt. Dass man sich mit diesem Instrument durch den ganzen Bereich der Alten Musik spielen kann, hatte Klapprott zuvor schon erläutert.

Die brennenden Kerzen an den Kronleuchtern verunklären den Raum in geheimnisvollem Dunkel

Wie der Titel des Konzertes – „Vom Tanz zum Choral“ – schon besagte, erklangen sowohl geistliche wie weltliche Kompositionen des 17. und 18. Jahrhunderts, wobei Klapprott Musik ausgewählt hatte, mit der er bestimmte der insgesamt 32 Register der Orgel besonders vorstellen konnte. So nutzte der Organist die „Fantasia in C“ des Engländers Orlando Gibbons, um die 8′ Trompete des Hauptwerks ertönen zu lassen. Die „Toccata Septima“ von Georg Muffat bot sich an, um Unterschiede zwischen dem französischen und italienischen Stil zu verdeutlichen. Die Choralbearbeitung „Ach Gott und Herr“ von Dieterich Buxtehude hob die Register des Rückpositivs, speziell den original erhaltenen Dulcan 8′, hervor.


Klapprott ist Fachmann. Es ist aber auch Lehrer. Und so gelingt es ihm wunderbar, die musikalische Sprache des Barock in die heutige Zeit zu übertragen – etwa, wenn er von Passacaglia und Chaconne als dem „Swing und Grove der Barockzeit“ spricht. Oder wenn er „Toccata und Fuge in d“ (BWV 538) von Johann Sebastian Bach als „Unterhaltung (Rhetorik) zwischen zwei Manualen“ bezeichnet, wobei letztlich das Hauptwerk obsiege.

Mächtiges Instrument in kleiner Dorfkirche: die Holy-Orgel von 1711

Dermaßen angeleitet, fiel es nicht schwer, dem Verlauf dieses wunderschönen und wegweisenden Konzertes zu folgen. Und auch die Zugabe passte sich dem pädagogisch-virtuosen Konzept des Abends an, indem Klapprott die Flötenregister der Holy-Orgel anhand einer Komposition von Orlando Gibbons vorführte. Das war ein wahrhaft runder Abend, der mit dem Angebot der Gemeinde zu einem geselligen Beisammensein nach dem Konzert seinen sommerlichen Abschluss erfuhr.

Nachlese am Weinstand: Bernhard Klapprott im Gespräch mit Konzertbesuchern

► Das nächste Konzert der Rehe „Nachtorgel bei Kerzenschein“ findet am Freitag, dem 26. Juli, um 21 Uhr, statt. Es spielt Elisabeth Harrison (Charlotte / USA) Musik von Praetorius, Scheidt, Scheidemann, Weckmann, Buxtehude

Auf einer acht Meter hohen Warf errichtet: die kleine Kirche St. Bartholomäus

► St. Bartholomäus wurde Ende des 13. Jahrhunderts gebaut – ursprünglich im romano-gotischen Stil mit Domikalgewölben. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden diese abgerissen und gegen eine hölzerne Tonne ersetzt. Auffallend sind der schmale, hohe Altar, die prunkvolle Kanzel und die Prieche der Familie von Closter, die allesamt von Hinrich Kröpelin aus Esens geschaffen wurden.