Kunst – fernab von jeder Provinzialität!
Emden. Szenenwechsel in der Neuen Galerie im Ostfriesischen Landesmuseum. Arbeiten von knapp 40 Künstlern, die meisten davon Zeitgenossen, sind unter der Überschrift „Zwischen Fantasie und Wirklichkeit“ ausgestellt. Bei der Eröffnung am Mittwochabend (24. Juli) war das Interesse groß – und der Rummel im Rathaus am Delft dementsprechend wohl gefüllt.

Die Neue Galerie zeigt Werke der bildenden Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Arbeiten entstammen der Sammlung Walter Baumfalk, die 2011 in die „Stiftung bildende Kunst und Kultur in der deutsch-niederländischen Ems-Dollart-Region“ (StibiKu) eingebracht wurde.

Für die Ausstellung hatte Kuratorin Dr. Annette Kanzenbach nach eigener Angabe zu 75 Prozent Gemälde und Skulpturen zusammengetragen, die bisher noch nie gezeigt wurden. „Bei manchen ist die Leinwand noch feucht“, versicherte sie. Das Spektrum der Werke reicht von der klassischen Landschaftsmalerei, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts beliebt war, bis zu komplexen abstrakten Werken der Malerei und der Bildhauerei.

Organisiert ist die Schau in sieben Abteilungen, die nach chronologischen oder thematischen Überlegungen eingeteilt sind. So gibt es eine Abteilung „Licht und Farbe“, in der Abstraktionen zusammengefasst sind: Bilder von Ruth Schmidt-Stockhausen, Wan-Yen Hsieh, Ricardo Fuhrmann, Wolkenbilder von Elisabeth Tatenberg, Lichtinszenierungen von Alfred Kaufner, Konstruktivismen von Peter Kärst oder Pop-ups von Peter Geithe.

Arbeit von Kriso ten Doornkaat

Seestück von Poppe Folkerts
Eine andere Abteilung ist mit „Holz- und Linolschnitte“ bezeichnet. Hier sind expressionistische Arbeiten von Bodo Olthoff, Hildegard Peters, Willy Menz oder Dirk Huiskens vereinigt. Völlig aus der Reihe fallen Arbeiten von Kriso ten Doornkaat. Sie stellt aus Pappe, Papier und viel Leim skurrile Figuren her, die sie vollständig bekleidet und ausstattet. Es sind phantasievolle Gestalten, deren Herstellungsprozess lange dauert, weil nicht nur der Aufbau der Körper, sondern auch das sorgfältige Polieren Zeit in Anspruch nimmt. Mit diesen Wesen werde Spott auf menschliche Verhaltensmuster ausgedrückt, erläuterte Kanzenbach.

Ungewöhnlich sind auch die Hauben, Kragen und sogar ganze Kleider, die Mechtild Böger aus dem Stecksystem „Knüpferli“ fertigt. Einige der Hauben dürfen sogar von Besuchern ausprobiert werden. Marikke Heinz-Hoek ist mit Video-Installationen vertreten, Hermann Buß zeigt unter anderem ein Diptychon mit einem Kreuzfahrtschiff der Meyer-Werft bei der Fahrt über die Ems aus Sicht der Neugierigen auf dem Deich. Ulrich Schnelle zeigt Stillleben, die ihren Grund in banalen Dingen haben, die künstlerisch erhöht werden. Von Adolf Fischer-Gurig sind zwei Großformate mit historischen Emden-Motiven zu sehen: die Constantia-Mühle, und die preußische Schiffswerft Hinter der Halle.
„Das Kunstschaffen der Region ist breit angelegt,“ resümierte Kanzenbach. Dabei sei keinerlei Provinzialität erkennbar. Vielmehr arbeiteten die Kunstschaffenden Ostfrieslands auf hohem Niveau.

Hangen mit Knüpferli-Helm

Kanzenbach mit Gast vor Podulke
Nach der Begrüßung der Gäste durch Museumsdirektorin Jasmin Alley hatte Oberbürgermeister Tim Kruithoff deutlich gemacht, dass Kunst mehr sei als „Farbe auf der Leinwand“. Der „Szenenwechsel“ im Landesmuseum zeige neue Perspektiven und Sichtweisen auf und „belebe die Sinne“.

Die Ausstellungseröffnung wurde durch Jazz der Band „Footprints“ begleitet. Es spielten: Dirk Matulla (Gitarre), Tillmann Kleemann-Anders (Kontrabass) und Friedrich Kessemeier (Schlagzeug).

