Emdens Bibliothek im Zeichen der Aufklärung

Emden. Der 300. Geburtstag des Philosophen Immanuel Kant ist für die Johannes a Lasco Bibliothek ein Grund, mit einer Ausstellung und einer Tagung auf dieses Jubläum aufmerksam zu machen. Zudem veröffentlicht der wissenschaftliche Mitarbeiter der Bibliothek, Dr. Michael Weichenhan, seit dem März diesen Jahres unter dem Titel „Streiflichter der Aufklärung“ überregionale Aspekte dieses Zeitalters auf der Plattform www.kultur-in-emden.de

Immanuel Kant (1724 bis 1804)

Die Bibliothek richtet mit ihrer Ausstellung „Die Aufklärung in Ostfriesland“, die am 8. September eröffnet wird, den Blick auf die regionalen kirchlichen Bezüge der Zeit. Denn die Aufklärung begann hier erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts an Bedeutung zu gewinnen. Der Kurator der Schau, Dr. Klaas-Dieter Voß, betont: „Im lutherischen Teil Ostfrieslands traten die Vertreter der Aufklärung früher als im reformierten Bereich auf, wo sie bedingt durch ihre niederländische Prägung gemäßigter in Erscheinung traten.“

Zu den ersten Vertretern der Aufklärung in Ostfriesland hätten auf lutherischer Seite gehört: Generalsuperintendent Gerhard Julius Coners (1730 bis 1797) und Pastor Ludwig Roentgen (1755 bis 1814). Auf reformierter Seite seien es gewesen: die Emder Pastoren Abraham Kater (1727 bis 1797), Christian Heinrich Olck (1753 bis 1804) und Helias Meder (1761 bis 1825).

In der Ausstellung will Voß aber nicht nur die Geschichte der Aufklärung in Ostfriesland und die durch sie entstandenen Kontroversen behandeln, wie er in dem Ausstellungsflyer schreibt. Er möchte darüber hinaus Objekte vorstellen, die die Zeit greifbar machen sollen. Dazu gehört etwa eine historische Naturaliensammlung oder Arbeiten des ostfriesischen Silberschmieds Hermann Neupert (1727 bis 1807), der Hoflieferant Friedrichs des Großen war. Thematisiert werden aber auch Möbel aus der berühmten Roentgen-Manufaktur in Neuwied.


Die Eröffnung ist verknüpft mit einer Sonntagsmatinée, für die die künstlerische Leiterin Vilma Pigageite Werke von Johann Sebastian Bach, Carl Philipp Emanuel Bach und Joseph Haydn ausgewählt hat. Vom älteren Bach erklingt die Kantate „Ich bin vergnügt mit meinem Glücke“, BWV 84, von Carl Philipp Emanuel Bach, dem berühmtesten der Bachsöhne, die Triosonate in d-moll, H. 569, Wq 145 und aus Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ die Arie „Nun beut die Flur das frische Grün“. Ausführende sind: Vilma Pigagaitė (Sopran), Isabel Röbstorf (Barockoboe, Blockflöte), Anna Kaiser (Barockvioline), Miriam Griess (Barockcello) und Torsten Mann (Cembalo).

Vom 17. bis 19. Oktober schließt sich dann eine Tagung mit dem Titel „Die intellektuellen Linien von den Sozinianern bis Kant“ an. Insgesamt elf Vorträge der interdisziplinär ausgerichteten Tagung laden ein, die strukturellen Verbindungen zwischen dem Sozinianismus und der Aufklärung kritisch aufzuarbeiten. Dabei fällt der Blick auf bekannte und weniger bekannte Vertreter der europäischen Literatur, Philosophie und Theologie.

Unter den Referenten sind auch die Wissenschaftler der Emder Bibliothek vertreten. Der wissenschaftliche Vorstand der Bibliothek, Professor Dr. Kestutis Daugirdas, eröffnet die Veranstaltung zum Tagungsthema mit dem Vortrag „Sozinianismus und Kant: Anmerkungen zur Geschichte der Konstruktion der Religion aus der Ethik heraus“. Dr. Klaas-Dieter Voß beschäftigt sich mit einem Rheiderländer Pastoren: „Socinianische Lehr=Sätze wider die Gottheit Christi – der Bingumer Pastor Johann Joachim Röling (1705 bis 1778) und sein heterodoxer Pietismus“. Und Dr. Michael Weichenhan hält das abschließende Referat zum Thema „Auf dem Weg zur zeichenlosen Natur. Grundlinien der Kometendeutung zwischen Stanisław Lubienieckis „Theatrum cometicum“ und Kants „Allgemeiner Naturgeschichte und Theorie des Himmels“.

Hält den öffentlichen Vortrag: Professor Dr. Friedrich Vollhardt. Bild: privat

Es wird innerhalb der Tagung auch wieder einen öffentlichen Vortrag geben (18. Oktober, ab 19 Uhr). Er wird gehalten von Professor Dr. Friedrich Vollhardt (München) und ist betitelt „Gewinn an Wissen – Verlust an Glauben: Die religiösen Kontroversen in der Frühen Neuzeit und die Moderne“, wobei der emeritierte Professor (Jahrgang 1956) unter anderem der Frage nachgeht, welche Folgen der zunehmende Glaubensverlust auf die Gesellschaft hat. Vollhardt erinnert dabei an den Satz Voltaires, dass man Gott, wenn er nicht existierte, erfinden müsste. Oder auch an die Äußerung Gregor Gysis, der 2019 gegenüber dem Berliner Tagesspiegel bemerkt habe: „Ich glaube zwar nicht an Gott, aber ich möchte auch keine gottlose Gesellschaft, ich fürchte sie sogar.“

Der öffentliche Vortrag ist verknüpft mit einem Empfang der Stadt Emden, für die Oberbürgermeister Tim Kruithoff ein Grußwort sagt. Auch der frühere Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, wird sprechen.

► Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei. Um Anmeldung bis zum 11. Oktober wird gebeten: lasco@jalb.de oder Tel. 0 49 21 / 9 15 00