Tonpfeifen aus dem Garten der Landschaft
Aurich. Im Landschaftsgarten Aurich haben Archäologen der Ostfriesischen Landschaft zahlreiche Bruchstücke alter Tonpfeifen aufgelesen. Zutage gekommen waren die Funde bei den Erdarbeiten zur Errichtung einer Rettungstreppe am Regionalen Pädagogischen Zentrum (RPZ). Die Tonpfeifenbruchstücke stammen aus dem 19. Jahrhundert und lassen sich der Tonpfeifenmanufaktur von C. B. Meyer zuordnen.

Von 1816 bis 1839 bestand die Manufaktur an der Stelle des heutigen Ständesaals. „Wir gehen davon aus, dass wir mit den Pfeifenbruchstücken im Innenhof die alte Halde für Fehlproduktionen oder Bruch gefunden haben“, vermutet Dr. Jan F. Kegler, Leiter des Archäologischen Forschungsinstitutes der Ostfriesischen Landschaft. Einige der Fundstücke weisen Hersteller- und Pfeifenbäckermarken auf der Ferse der Pfeife auf. Bei der Ferse handelt es sich um einen kleinen Standfuß unterhalb des Pfeifenkopfes.
So zeigt ein kleines Fragment der nun gefundenen Stücke auf der einen Seite der Ferse ein mit einer Lilie bekröntes „A“ für Aurich und auf der anderen ein bekröntes „O“ für Ostfriesland. Die Bodenmarke zeigt einen stilisierten Ähren- oder Lorbeerkranz mit einem darin stehenden Schwert. Dieses Symbol ist eine Abwandlung des Wappens von Batavia, dem heutigen Jakarta in Indonesien. Dort befand sich das Hauptquartier der Niederländischen Ostindien-Kompanie von 1619 bis 1799.

Damals war es üblich, dass Pfeifenbäcker eigene Stempel benutzten, um ihre Waren zu kennzeichnen. Dadurch lassen sich häufig die Namen sowie die Schaffenszeit der Pfeifenbäcker zurückverfolgen. Dementsprechend deutet das abgewandelte Wappen von Batavia darauf hin, dass in Aurich niederländische Pfeifenbäcker angeworben wurden. Dies sei laut Kegler nicht verwunderlich. Denn damals hatten Pfeifen aus dem niederländischen Gouda den Ruf sehr guter Qualität.
„Obwohl die Auricher Pfeifenmanufaktur nur wenige Jahre bestanden hat, müssen dort Unmengen an Pfeifen produziert worden sein“, erläutert Dr. Sonja König, Leiterin des Archäologischen Dienstes der Ostfriesischen Landschaft und Expertin für Tonpfeifen. So seien im Jahr 1824 knapp 620 000 Stück produziert worden. Zu der Zeit arbeiteten 75 Personen in der Fabrik. Eine andere Quelle nennt 1,4 bis 1,7 Millionen gebackene Pfeifen pro Jahr. Somit könnten in der Zeit des Bestehens der Fabrik bis zu 40 Millionen Tonpfeifen in Aurich hergestellt worden sein. „Die Tonpfeifen hatten einen langen und dünnen Stiel, der schnell brach. Es ist also nicht erstaunlich, dass sie ein Massenprodukt waren und auch heute oft gefunden werden können“, führt König aus.

In Ostfriesland würden bei archäologischen Grabungen allerdings kaum Pfeifen aus Auricher Herstellung gefunden. Diese sollen vornehmlich ins Jeversche, nach Oldenburg, Bremen, Hamburg und sogar in die USA exportiert worden sein. Auch lasse sich noch nicht sagen, wer die Pfeifenbäcker waren. „Leider sind die Quellen für die Auricher Manufaktur noch nicht vollständig bearbeitet. Dieser Schatz liegt noch im Niedersächsischen Landesarchiv in Aurich“, ergänzt König. Einen ersten Überblick über die Auricher Pfeifenfabrik hat Dr. Sonja König in der Festschrift für Rolf Bärenfänger „Ostfriesland | Niedersachsenweit“ veröffentlicht. Kegler fände es lohnenswert, wenn sich jemand intensiver mit dem Thema beschäftigen würde. „Dabei sind auch engagierte Laienforscherinnen und -forscher herzlich willkommen“.