„Haben den Mund nicht zu voll genommen“
Emden. Der zweite Tag der Tagung „Die Intellektuellen Linien von den Sozinianern bis Kant“ in der Johannes a Lasco Bibliothek endete mit einem öffentlichen Vortrag und einem Empfang der Stadt Emden. Die Stimmung: bestens.
Man habe der Tagung einen provokanten Titel gegeben, bekannte der wissenschaftliche Vorstand der Bibliothek, Professor Dr. Kestutis Daugirdas. „Aber wir haben den Mund nicht zu voll genommen.“ Das habe das Programm des zweiten Tages ergeben. Und wie angekündigt, war es eine Vortragsreihe, die interdisziplinär Germanistik, Philosophie, Theologie virtuos miteinander verknüpfte. Erweitert wurde das Programm mit dem öffentlichen Vortrag von Professor Dr. Friedrich Vollhardt (München), der zudem die Kunstgeschichte und die Literatur ins Spiel brachte. Auch er zog eine konzentrierte Linie, die vom 16. Jahrhundert bis in die Moderne führte und die sich mit den religiösen Kontroversen in dieser Zeit beschäftigte.
Ausgangspunkt für Vollhardt in seinem Vortrag über „Gewinn an Wissen – Verlust an Glauben“ war ein „Skandal der Reformationszeit“. Es geht um die – bis heute – höchst umstrittene Beteiligung des reformierten Reformators Johannes Calvin an einem Prozess gegen den Arzt, Gelehrten und antitrinitarischen Theologen Michel Servet. Dieser wurde 1553 – auch aufgrund eines theologischen Gutachtens Calvins – als Ketzer und Gotteslästerer auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Oberbürgermeister Tim Kruithoff outete sich in seinem Grußwort als Fan der Tagungen der Bibliothek und versicherte, er stehe „in fassungsloser Ehrfurcht vor dem Wissen der Fachleute“. Er erinnerte an Emden als Zufluchtsort der niederländisch-flämischen Flüchtlingsbewegung und bezog in seine Überlegungen auch den Reformator Johannes a Lasco mit ein.
Der anschließende Empfang schloss für die Wissenschaftler einen langen Tag in höchst heiterer Stimmung ab. Noch lange wurde bei Pilzsuppe und Fingerfood gefeiert und dabei das „Schatzhaus“ – so hatte Friedrich Vollhardt die Bibliothek eingangs bezeichnet – mit fröhlichem Leben gefüllt. Unter den Gästen befanden sich Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Kultur.