In höchster Perfektion

Emden. Eine Führung mit Pfiff durch die Ausstellung „Zwischen Fantasie und Wirklichkeit“ in der Neuen Galerie im Ostfriesischen Landesmuseum hat Kuratorin Dr. Annette Kanzenbach etabliert. Eingeladen werden dort ausstellende Künstler, die Erläuterungen zu ihren Werken geben und auch Hintergründe ausleuchten. In der ersten Veranstaltung dieses Formates war es die in Rysum lebende Kriso ten Doornkaat, die den knapp 20 Besuchern erläuterte, wie ihre „Papiertiere“ entstehen. Dafür hatte sie eigens einen Koffer mitgebracht, in dem sich Stücke aus den unterschiedlichen Stadien des Arbeitsprozesses befanden.

Kriso ten Doornkaat mit zwei ihrer bekleideten „Papiertiere“. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Die Papiertiere sind nämlich eine Kunst mit hohem Anspruch an präzises Arbeiten. Kriso ten Doornkaat zeigte, wie sie kleine Papierstücke und Kleister geduldig übereinanderlegt – wahlweise über einen Luftballon oder Klopapierrollen – und schließlich dickwandige Werkstücke entstehen, die sie als Grundlage für ihre tierischen Figuren benötigt. Diese hochgradig aufwändige Klebearbeit muss sehr exakt erfolgen, um zum Ziel zu gelangen.

Krisos Koffer: Arbeitsproben aus dem Schaffensprozess

Danach werden – ebenfalls in schier endloser Folge – Farbe und Lack aufgetragen und nach jedem Arbeitsgang vorsichtig wieder abgeschliffen. „Mit dieser Technik kann Kriso ten Doornkaat die feinen Formen der Physiognomie exakt herausarbeiten“, erläutert Annette Kanzenbach, die selber von dem Ergebnis immer wieder überrascht ist.

Engagierte Kämpferin für die Bildende Kunst der Region: Dr. Annette Kanzenbach

Pro Figur rechnet die Künstlerin mit einer rund viermonatigen Schaffensphase, bis die Tiere perfekt gearbeitet sind. Das Ergebnis sind keine vermenschlichte Tiere oder tierische Menschen, sondern Typen, die bestimmte Eigenschaften und Wesenszüge vermitteln. Dazu gehöre auch. dass die Idee zu diesen Typen zunächst als gedankliches Konstrukt entstehen, ehe die Überlegung folgt, wie man das denn umsetzen könne. Kriso ten Doornkaat habe mit den „Papiertieren“ eine dritte Dimension zu ihren bisherigen Arbeiten hinzugefügt, sagt Kanzenbach.

Futuristische Figur mit sorgsam gefertigter Kleidung aus Reststoffen. Diese werden nicht etwa eingefärbt, sondern bemalt

Zum Programm der Führung gehörte auch der Blick auf die anderen Künstler, die zur Zeit „zwischen Fantasie und Wirklichkeit“ ausgestellt sind und den malerischen Realismus zeigen, expressive Druckgraphik, Landschaftsmalerei in der Grenzregion oder auch experimentelle Arbeiten – wie die kalkulierten Video-Arbeiten von Marikke Heinz-Hoek, die auch schon mit Künstlicher Intelligenz operiert. „Da erweist sich das Künstlerische der Region ganz am Puls der Zeit“, sagt Annette Kanzenbach.

Im Detail erkennt man – wie hier an einem Kopf – die Papierfitzel, aus denen die „Papiertiere“ in einem schichtweisen Prozess aufgebaut werden