„Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“

Emden. Vor 86 Jahren ereigneten sich auch in Emden Pogrome gegen jüdische Mitbürger. Die Stadt hatte am Abend des 9. Novembers zur Gedenkstunde in die Bollwerkstraße eingeladen – an den Ort, an dem einst die Synagoge stand. Und viele Menschen waren dem gefolgt. Die Veranstaltung folgte in diesem Jahr einer genau getakteten Choreographie, die der Feierstunde eine gewisse Spannung verlieh.

Waren wesentlich an der Gedenkveranstaltung beteiligt: Schüler des Johannes Althusius Gymnasiums

Der Rede des Oberbürgermeisters folgten Beiträge von Schülern des Johannes Althusius Gymnasiums, die alle denselben Tenor verfolgten: dem Ruf nach Frieden auf der Welt. Auch Beiträge des israelischen Gitarristen und Sängers Or Izakson auf Jiddisch und Hebräisch passten sich in dieses Umfeld ein. Und als ganz zum Schluss die Aufforderung erfolgte, die aufgestellten Kerzen zu nehmen und zu den verschiedenen Stolpersteinen zu tragen, da machten sich viele Bürger auf den Weg, dieser Bitte des OB zu entsprechen. Zuvor hatte Kruithoff sich angenehm berührt davon gezeigt, dass zahlreiche dieser Messingsteine in den letzten Tagen still und leise geputzt worden waren.


Tim Kruithoff verknüpfte die Ereignisse des 9. November 1938 mit jenen des 7. Oktober 2024. Er berichtete von einer Begegnung mit der 103-jährigen Margot Friedländer. Er habe ihr dabei von der in Emden gepflegten Erinnerungskultur erzählt. Auch der 99-jährige Albert Weinberg aus Leer, der ein Buch geschrieben habe, damit die Erinnerung an den Holocaust nicht so verblasse wie die Häftlingsnummer auf seinem Arm, fand Erwähnung in der Rede des Oberbürgermeisters, die in der Mahnung gipfelte: „Heute erzählen wir Geschichten, nicht nur, um ihnen gerecht zu werden, sondern auch, um uns an unsere Verantwortung zu erinnern: die Verantwortung, die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten und sicherzustellen, dass sich solche Taten niemals wiederholen. Zu beweisen, dass das „Nie wieder“ eben keine Floskel und Illusion ist und wir nicht schweigen, wenn Menschen um uns herum Unrecht geschieht.“


Die JAG-Schüler rezitierten wie ein antiker Chor mit wechselnden Stimmen Gedanken zu den politischen Ereignissen von damals und heute. Die Texte gingen aus von dem Satz aus Paul Celans berühmter „Todesfuge“: „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“. JAG-Lehrer Stephan Borchers hatte – angeregt von diesem Satz – den weiterführenden Text selber verfasst.

Lieferte einen eindrucksvollen Beitrag: der „Chor der Todesfuge“. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Es folgten Beiträge des Geschichtskurses der 10. Klassen des JAG, die die Ereignisse des 9. Novembers 1938 generell und speziell in Emden rekapitulierten, um dann drei Biographien von Emder Juden exemplarisch vorzustellen – nach Texten, die der Arbeitskreis Stolpersteine erarbeitet hatte.

► Die Rede des OB im Wortlaut: www.emden.de
Der Stolperstein für Pastor Hermann Immer vor dem Diakonenportal der Johannes a Lasco Bibliothek wurde nach der Gedenkfeier mit zwei Lichtern geschmückt