Singverein geizte nicht mit Effekten

Emden. Herbstkonzert des Singvereins. Dieses Mal im Festspielhaus am Wall. Leider kamen nur rund 200 Besucher. Das war überaus bedauerlich, denn der Singverein und die beiden Bläser-Ensembles, die das Konzert ausrichteten, hatten ein ausgefeiltes Programm zu bieten. Fünf Komponisten standen auf dem Programm, jeder gekennzeichnet durch ein besonderes Jubiläum. Einer von ihnen, der Niederländer Jacob de Haan (65) war zum Konzert gekommen und zeigte sich ausgesprochen zufrieden mit der Darbietung seiner Kompositionen.

Dirigent Clemens-C. Löschmann moderierte den Abend selber. Beteiligt waren: der Singverein Emden von 1805 sowie die Blechbläser-Ensembles Friesenblech und Blattwerk. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Hauptwerk des Abends war seine „Missa brevis“, eine wunderbare Musik, die geeignet sei sowohl für die katholische Messe als auch für die evangelische Liturgie, wie Clemens-C. Löschmann sagte. Bei ihm lag die Gesamtleitung des Abends. Und das zur großen Zufriedenheit seiner Sängerinnen und Sänger, die sich an dem Abend auf der Bühne offenbar sehr wohl fühlten.

Beim Publikum herrschte beste Stimmung, besonders als es aufgefordert wurde, mit den Handys für Atmosphäre zu sorgen

Der erste Teil des Konzertes war der geistlichen Musik gewidmet, der zweite der weltlichen. Man darf sagen, dass mit Edward Elgars „Land of Hope and Glory“ nicht nur das Ende des Konzertes, sondern auch der zweite Höhepunkt erreicht war. Man wähnte sich geradezu in der britischen „Last Night of the Proms“, und entsprechend leidenschaftlich fiel der Applaus des Publikums aus. Der ganze Saal stand, wedelte mit leuchtenden Handys und sang oder summte mit.

Schwung auf ganzer Linie: Clemens-C. Löschmann und Stephanie Henke

Der Singverein, schmal geworden was die Mitgliederzahl angeht, agierte beweglich, konnte sich auf seine Erfahrung und die gute Vorbereitung verlassen und hatte ganz offensichtlich eine Menge Spaß mit dem Programm und der Aufführung. Die Bläser-Ensembles schafften es, orchestrale Töne zu präsentieren. „Friesenblech“ und das Saxophon-Quartett „Blattwerk“ vermieden dabei jede Dominanz, hatten aber auch Gelegenheit – etwa mit „Aequale I und II von Anton Bruckner – , sich rein instrumental zu präsentieren. Besonders eindrucksvoll: Trompetenfanfaren, die die Besucher zu Beginn und zum Pausenende in den Saal riefen. Löschmann war so zufrieden mit dem prächtigen musikalischen Signal, dass er anregte, die Fanfaren – wie in Bayreuth – zum Markenzeichen des Festspielhauses am Wall zu machen.

Konzentriert bei der Sache: Mitglieder des Singvereins

Das Programm selbst bot Perlen der alten und der ganz neuen Musikliteratur an und geizte nicht mit schönen Effekten. Dazu gehörten auch die bunten Schals der Damen, die den ansonsten schwarz gekleideten Chormitgliedern ein fröhliches Outfit verliehen. Aber auch die farbig angestrahlten hinteren Vorhänge gaben der Veranstaltung einen festlichen Rahmen. Weniger glücklich fielen die Lichteffekte aus, die an die Wände des Zuschauerraums projiziert wurden und deren merkwürdige Formen an extrem vergrößerte Bakterien erinnerten. Es blieb auch unklar, wann warum welche Effekte gewählt wurden.

Aufgrund der verschiedenen Ensembles gestaltete sich das Programm ausgesprochen abwechslungsreich. Der Singverein behielt sich zudem einige besonders schwierige Einsätze vor. Dazu gehörten verschiedene Stücke des 75-jährigen Komponisten Harald Weiss. Anders als Jacob de Haan arbeitet Weiss sehr dissonantisch – keine leichte Aufgabe für den Chor, der sich aber gekonnt durch die „schiefen Töne“ sang.

Ein Bild zum Abschied: die Bläser und Komponist Jacob de Haan auf der Treppe des Festspielhauses

Als Solistin war die Sopranistin Stephanie Henke dabei. Sie glänzte mit mehreren stimmstarken Einsätzen, unterstützte den Singverein, gliederte sich aber auch in das Gemeinschaftssingen ein. Solistisch kam ihre Stimme bei Jacob de Haans Vertonungen dreier Gedichte „Trois Odelettes“ zur Geltung, wobei insbesondere „Espagne“ nach einem Gedicht des Franzosen Gérard de Nerval einen beschwingten Akzent setzte.

Das Gastgeschenk für Jacob de Haan amüsierte diesen, denn es enthielt auch ein Stück Käse. Clemens Löschmann war über den Besuch des Niederländers hoch erfreut

Löschmann verband mit den Programm-Zugpferden des Abends – „O God beyond all Praising“ von Gustav Holst und „Land of Hope and Glory“ – eine Werbung für den Singverein. Denn dem mangelt es derzeit an Mitgliedern, vor allem bei den Männerstimmen. Geprobt wird jeweils montags ab 19.30 Uhr im Gemeindehaus Gröne Stee. Löschmanns Appell: „Kommen Sie doch einfach mal vorbei!“