Aufklärung über jüdisches Leben in Ostfriesland
Aurich. Mit einer feierlichen Veranstaltung ist das Internetportal „Frisia Judaica“ (www.frisia-judaica.de) gestartet worden. Die neue Online-Plattform unter dem Dach der Regionalen Kulturagentur der Ostfriesischen Landschaft entstand im Rahmen des Netzwerks „Jüdisches Leben in Ostfriesland“. Sie widmet sich den ehemaligen jüdischen Gemeinden in Ostfriesland und beleuchtet das reiche kulturelle Erbe sowie die bewegte Geschichte dieser Gemeinden. Das teilt die Pressestelle der Ostfriesischen Landschaft mit.

Die kontinuierlich wachsende Website bietet Einblicke in die historischen Entwicklungen, persönlichen Geschichten und bedeutenden Ereignisse der jüdischen Gemeinschaften in Ostfriesland und den Nachbarregionen. Durch ausführliche Artikel, historische Dokumente, Bildergalerien und interaktive Karten sollen die Vergangenheit lebendig und das Bewusstsein für dieses Kapitel ostfriesischer Geschichte gefördert werden.
„Wir müssen uns gegen den Antisemitismus und den Rechtspopulismus in dieser Zeit wehren“, betonte Landschaftspräsident Rico Mecklenburg. Es sei wichtig, junge Menschen zum Nachdenken zu bewegen. Mecklenburg dankte dem Redaktionsteam bestehend aus Stephan Horschitz, Dr. Welf-Gerrit Otto und Matthias Süßen, aber auch dem Netzwerk „Jüdisches Leben in Ostfriesland“, welches das Autoren-Team mit Expertenwissen und fundierten Beiträgen unterstützt.
In Oldenburg befindet sich die nächstgelegene aktive jüdische Gemeinde. Dort versammeln sich laut Dr. Elisabeth Schwesinger, ehemalige Vorsitzende der Gemeinde, jüdische Menschen aus 20 Ländern. Einige davon müssten jüdische Traditionen erst wieder erlernen. „Aktuell machen uns antisemitische Bedrohungen Sorge“, bedauerte Schwesinger. Dies gelte insbesondere seit den Ereignissen vom 7. Oktober 2023, als die Hamas Israel mit einem bis dahin unvergleichlichen Terrorangriff überzogen hat. „Unsere Kinder bekommen diesen neuen Antisemitismus zu spüren“, fügte sie hinzu. Sie hoffe, dass Frisia Judaica einen Teil zum gegenseitigen Verständnis beitragen könne.
Wolfgang Kellner, 1. Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Leer, erläuterte, dass sich jüdische Mitbürger in Ostfriesland seit 400 Jahren nachweisen ließen. „Die viel zitierte Friesische Freiheit galt nicht für sie, und im Dritten Reich forderten Landräte und Bürgermeister schon früh, Ostfriesland müsse judenfrei werden“, erläuterte er. Erfreulich sei, dass mit Frisia Judaica ein derart umfangreiches Portal „in neuer Ostfrieslandgeschwindigkeit“ in nur einem Jahr umgesetzt worden sei.
Ideengeber des Portals war Matthias Süßen, der mit Abstand aktivste Verfasser von Wikipedia-Einträgen über Ostfriesland. Die Idee zu der Webseite Frisia Judaica hatte er schon vor einigen Jahren, als es sich schwierig gestaltete, für seine Wikipedia-Recherchen zu den jüdischen Gemeinden einen Überblick über die relevante Literatur zu finden. Wichtig sei ihm, dass Frisia Judaica ein Portal ist, an dem ähnlich wie bei Wikipedia möglichst viele Personen mitarbeiten können. „Es ist ein erster Schritt, wir stehen noch am Anfang einer langen Reise“, unterstrich Süßen.
„Frisia Judaica ist ein Ort der Gemeinschaft und des Dialogs, offen für alle, die sich für jüdische Kultur in unserer Region interessieren und sich mit ihr auseinandersetzen möchten“, erklärte Dr. Welf-Gerrit Otto, Leiter der Regionalen Kulturagentur der Ostfriesischen Landschaft. Otto sieht in dem Online-Portal nicht nur ein Archiv, sondern einen lebendigen Raum für Begegnung, Austausch und Lernen.
► Wer sich bei Frisia Judaica engagieren möchte, kann sich per E-Mail unter otto@ostfriesischelandschaft.de melden.