Nach den „Helden“ nun die „Sibyllen“

Emden. Ein Set von vier Glasfenstern mit Darstellungen von Frauengestalten, die per Titel als Sibyllen ausgewiesen sind, konnte das Ostfriesische Landesmuseum restaurieren lassen. Die Glasfenster des 17. Jahrhunderts wurden jetzt offiziell vorgestellt und sollen noch in diesem Jahr einen Platz vor den Fenstern der Gemäldegalerie des Museums finden.

Berichteten von der Museumsförderung der Fielmann Group AG: Michael Engels und Dr. Constanze Köster. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Die Fenster der vier Sibyllen, die als Prophetinnen und Verkünderinnen einer Gotteserwartung gedeutet werden, korrespondieren mit vier Darstellungen von Heldengestalten aus dem Alten Testament, die im Mai letzten Jahres vorgestellt wurden. Alle acht Fenster konnten Dank einer Unterstützung der Museumsförderung der Fielmann Group AG in Höhe von 13 000 Euro restauriert werden.


Während die Helden-Fenster aus dem 16. Jahrhundert datieren und nach graphischen Vorlagen des Niederländers Hendrick Goltzius (1558 bis 1617) gearbeitet wurden, gehören die Sibyllen ins 17. Jahrhundert. Da sie stilistisch den Vorlagen des französischen Künstlers Claude Vignon (1593 bis1670) folgen und danach in Grafiken umgesetzt wurden, lassen sie sich recht genau in die 1630er Jahre datieren.


Der vielfach christliche Bezug, den die graphischen Darstellungen zeigen, ist auf den Glasbildern durch antike Landschaftsmotive, Bögen, Grabmonumente ersetzt. Übernommen wird bei der Persischen Sibylle ein Buch und ein toter Baumstumpf, den eine Schlange umwindet. Der Delphischen Sibylle ist eine Glocke beigegeben. Die Erythräische Sibylle wurde mit einem Lamm im Arm abgebildet. Sie blickt als einzige der Frauen himmelwärts.


Bekannt ist eine Darstellung von Sibyllen an Michelangelos Decke der Sixtinischen Kapelle. Dort hat der Renaissance-Künstler fünf von zehn Weissagerinnen als füllige, muskulöse Frauengestalten verewigt. Die Darstellungen der Glasfenster sind deutlich eleganter. Drei Sibyllen tragen kunstvoll geschlungene Turbane, eine einen Lorbeerkranz auf dem Kopf.


Die Glasfenster wurden 2003, als das Rathaus am Delft wegen einer grundlegenden Renovierung des Museums ausgeräumt wurde, in einem Karton in einer Abseite der Rüstkammer gefunden. Dort lagerten sie anscheinend seit 1962. Sie kamen gleich in die Glasmalerei Dr. H. Oidtmann GmbH in Linnich (Nordrhein-Westfalen), wurden dort aber, da das Geld für eine Renovierung und Restaurierung fehlte, lediglich sachgerecht aufbewahrt. Mit der Zusage der Fielmann Group AG konnten die Fenster nach und nach bearbeitet werden. Das hieß im einzelnen, Fehlstellen auszugleichen, einzelne Partien neu zu malen, andere zu retuschieren, neue Bleiruten zu legen.

Ebenso wie die Heldengestalten gehörten auch die Sibyllenfenster in den Bereich der bürgerlichen Wohnkultur, sie müssen aber Statussymbole gewesen sein, vermutet Museumsdirektorin Jasmin Alley. Schon bei der Vorstellung der ersten vier Fenster hatte die Kuratorin der Gemäldesammlung, Dr. Annette Kanzenbach, angenommen, dass es einen Zusammenhang mit den großen Rathausfenstern von 1576 gibt, die einst in der Emder Glaswerkstatt des Niederländers Johan Janssen entstanden. Dafür gäbe es stilistische Gründe.

Dass die Glasfenster relativ klein sind, kann man am Beispiel der Hellespontischen Sibylle erahnen

Die Museumsförderung der Fielmann Group AG springt bei Ankäufen, aber auch bei Restaurierungsvorhaben ein. Dr. Constanze Köster kann jährlich einen sechsstelligen Betrag vergeben, um kleinere und mittlere Museen und Sammlungen im Norden zu unterstützen. „Gerade kleinere Häuser haben erfahrungsgemäß keinen eigenen Etat. Da springen wir dann ein.“ Die Kunsthistorikerin deutete an, dass auch künftig eine Zusammenarbeit zwischen Landesmuseum und Museumsförderung möglich sein wird.

Die Glasfenster gehören der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer. Deren Vorsitzender, Gregor Strelow, erklärte, dass man bisher nur einen Hinweis auf die Fenster gefunden habe. 1928 würden sie einmal erwähnt.

Stellten die restaurierten Glasfenster vor: Jasmin Alley, Dr. Constanze Köster, Michael Engels (Leiter der Emder Niederlassung Fielmann-Optik) und Gregor Strelow