Wie man eine Orgelrekonstruktion finanziert

Riepe. Die Wenthin-Orgel der lutherischen Kirche zu Riepe wird Ende Januar wieder aus Dresden zurück gebracht, wo sie seit Sommer 2023 in der Orgelwerkstatt von Kristian Wegscheider restauriert, rekonstruiert und erweitert wurde. Das erklärte der Orgelbeauftragte der Gemeinde, Uwe Endjer, auf Anfrage von KiE. Für die Verantwortlichen geht damit eine Phase zu Ende, die seit mehreren Jahren die Gremien beschäftigt. Die Arbeiten an der historischen Orgel werden dann noch bis März dauern. Ende Mai findet die offizielle Einweihung des Instrumentes statt. Die Gesamtkosten werden sich bis dahin auf 540 000 Euro summieren, 230 000 Euro mehr als ursprünglich veranschlagt. Wie ist die Gemeinde vorgegangen, um diese Gelder zu beschaffen? Und wodurch erklärt sich der höhere Finanzbedarf?

Vor dem Abriss: die Orgel von Johann Friedrich Wenthin (1746 bis 1805)

Alles begann damit, dass der Organist der Gemeinde, Heere Wurpts, den schlechten Zustand der Orgel beklagte. Er sehe dringenden Handlungsbedarf und kenne jemanden, der sich mit dem Thema auskenne. Der „Jemand“ war Fachberater Albert Kretzmer. Endjer: „Wir haben dann – immer begleitet von Orgelrevisor Winfried Dahlke – die Köpfe zusammengesteckt und überlegt, wie man eine Restaurierung am besten angeht.“ Zu dieser Zeit sei man auch mit der Tatsache konfrontiert gewesen, dass die Bundeshilfe für Orgelrestaurierungen, von der viele historische Orgeln Ostfrieslands profitiert hatten, auslief. „Das hat zusätzlich mächtig Druck erzeugt.“

Aber die Gemeinde sah sich gewappnet. Man hatte mit Kretzmer einen Fachmann zur Seite, der bestens in der Orgel-Szene vernetzt ist. Endjer hingegen, im Hauptberuf Leiter des Marketings bei der Sparkasse Emden, kennt sich mit Fragen von Finanzierungen aus. Die beiden stürzten sich in die Antragstellung – und bekamen tatsächlich als erstes eine Zusage vom Bund über 64 000 Euro. Das ist zwar viel Geld, aber die Gemeinde hatte sich deutlich mehr versprochen. Sie musste nun zur Kenntnis nehmen, dass die Orgel an sich einen Problemfall darstellte. Denn der Bund fördert nur die Sanierung historischer Orgeln, die unter Denkmalschutz stehen. In Riepe betraf das den Prospekt, das ist jener Teil der Orgel, der vom Kirchenraum aus sichtbar ist. Alles, was sich dahinter befand, war ein Werk der Werkstatt Alfred Führer, die die Orgel zwischen 1966 und 1970 erweitert hatte. Dieser Bereich, der der größte des Instrumentes ist, steht nicht unter Denkmalschutz. Dafür gab es also auch kein Geld.

Doch es gab eine Fülle weiterer Anträge. Und so blieb der Bund nicht lange allein. Finanzhilfen gaben: die Lutherische Landeskirche Hannover, die Klosterkammer, die Niedersächsische Bingo Umweltstiftung, die Hanna und Carl Siefkes-Stiftung, die Niedersächsische Sparkassenstiftung, die Sparkasse Aurich-Norden, die Windpark Ihlow-Stiftung, die Raiffeisenbank Moormerland, die VR-Stiftung der Volksbanken, die Raiffeisenbanken (Weser-Ems), der Firma Landguth Heimtiernahrung GmbH und die Bernhard und Liesel Albers Stiftung gGmbH, die Gemeinde Riepe und eine Vielzahl privater Spender.

Nach dem Abbau wurde die Orgel nach Dresden in die Werkstatt von Kristian Wegscheider gebracht

Über das Amt für regionale Landesentwicklung vermittelt, konnten zudem noch EU-Gelder aus der ZILE-Förderung (Zuwendungen zur integrierten ländlichen Entwicklung) akquiriert werden. Bei dem EU-Antrag erlebten die Riepster die Tücken des Verfahrens. Denn ihr Antrag wurde zunächst abgelehnt. Doch dann stellte sich heraus, dass so viele bewilligte Gelder nicht abgerufen worden waren, dass die Wenthin-Orgel davon profitieren konnte: „Wenn ihr Projekt noch aktuell ist, werden wir es fördern“, hieß es in einem Telefonanruf.

Erleichterung bei den Verantwortlichen. Denn damit war zwar viel Geld eingeworben – aber das war nur der erste Bauabschnitt, der der Restaurierung des Altbestandes diente. Riepe aber wollte mehr. Die Orgel sollte, wie schon von Wenthin geplant, ein zusätzliches Pedalwerk erhalten. „Wir hatten inzwischen so viele Gespräche geführt und Anfragen gestellt, dass die Voraussetzungen gegeben waren, um tatsächlich den zweiten Schritt zu tun.“ Also wurde weiter geworben. Die Gerhard ten Doornkaat Koolmann-Stiftung war dabei, ebenso der Kirchenkreis Aurich und – noch einmal – die Siefkes-Stiftung. Den größten Teil der Finanzierung aber trugen Gelder von Privatleuten und aus der Wirtschaft bei.

2023 stand die Gemeinde dann vor der Frage, was mit jenem Pfeifenbestand passieren sollte, den die Werkstatt Führer vor fast 60 Jahren für Riepe gebaut hatte. Es fand sich ein Händler, der gebrauchte Orgeln aufkauft und weitervermittelt. Und es fand sich die Gemeinde in Arnis an der Schlei, die eine Führer-Orgel suchte. „Die Gemeinde in Schleswig-Holstein stand im Grunde vor derselben Situation wie wir. Sie hatten einen Prospekt, aber keine passenden Pfeifen.“

Das Geschäft kam zustande. Damit war die Gemeinde in Riepe in der Lage, auch den dritten Bauabschnitt anzugehen. Und es gab weitere Spenden von solcher Höhe, dass neuerlich ein Auftrag an Kristian Wegscheider vergeben werden konnte. Nun wird die Orgel auch ein großes Trompetenregister bekommen, einen Zimbelstern und ein weiteres Register Vogelsang. Die Voraussage von Kristian Wegscheider wird sich somit erfüllen. Er hatte beim Abbau der Orgel 2023 gesagt: „Wir haben jetzt die Chance, die Orgel so zu realisieren, wie Wenthin es seinerzeit getan hätte, wenn er die finanziellen Möglichkeiten gehabt hätte.“

Da die Spendenbereitschaft mittlerweile weite Teile der Gemeinde erfasst hatte, sollte sich auch noch ein Sponsor für notwendige Malerarbeiten finden. Die Orgel hat nämlich eine Fassung, die eine Holzmaserung kopiert. Diese muss aufgefrischt werden.

Endjer hofft gleichwohl auf weitere Spenden. Denn die Orgel muss nach dem Wiederaufbau regelmäßig gewartet werden. Und dann möchte man sie auch als Konzertorgel nutzen – womöglich im Zusammenklang mit den Orgeln von Wolthusen, Uphusen, Petkum, Oldersum. Aber das ist derzeit noch Zukunftsmusik, sagt Uwe Endjer.

► Spenden kann man unter: Evangelische Bank, IBAN DE 35 52 06 04 10 00 00 00 62 62, Stichwort: Orgel Riepe oder online unter https://spenden.twingle.de/ev-luth-kirchenkreis-aurich/kg-riepe/tw60a64bdba0193/page

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