Sprudelnder Elan, feine Modellierung
Emden. Vor drei Jahren spielte er schon einmal in Emden – Mozarts Klavierkonzert Nr. 12 (KV 414), damals in der Johannes a Lasco Bibliothek. Nun war Justus Eichhorn wieder da und konzertierte mit der Philharmonie Lemberg unter Gudni A. Emilsson im Festspielhaus am Wall. Gut 300 Besucher waren dabei. „Das ist sehr gut für ein Sinfoniekonzert“, kommentierte Thorben Anders von Kulturevents im Vorfeld.

Der jetzt 15-Jährige Eichhorn spielte Beethovens Klavierkonzert Nr. 1 in D-Dur. Zuvor jedoch moderiert er seinen Konzertbeitrag selber – locker und selbstsicher gab er zudem einige Notenbeispiele, plaudert kenntnisreich über die Klaviere des 18. Jahrhunderts und über die Frage, warum Beethoven als höchsten Ton im Klavierkonzert ein „f“ und nicht das eigentlich notwendige „fis“ wählte. Zudem erklärte Eichhorn den Komponisten zum Erfinder einer Melodienfolge, die sich 1917 in dem brasilianischen Song „Tico, Tico“ wiederfindet.

Um auch ein jüngeres Publikum anzusprechen, bedürfe es dieser heiter unmittelbaren Art, wird später Emdens Kulturmanagerin Kerstin Rogge-Mönchmeyer sagen. Und da die Musikvermittlung durchaus auf ihrer Agenda steht, hat sie sich den hochbegabten Pianisten schon für das nächste Jahr gesichert. Dann will er Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 spielen.



Eichhorn gelang es, mit seinem sprudelnden Elan, die Beethoven’sche Musik in virtuoser Weise kreativ zu beleben. Es gab kleine, aber markante Betonungen, Verschiebungen, Variationen, die schließlich sogar den ehrwürdigen Komponisten ins „Walzern“ brachten. Alles in allem ein Hörereignis, das das Publikum mit langem Applaus im Stehen belohnte. Hinreißend auch die Zugabe: Debussys „La fille aux cheveux de lin“ (Das Mädchen mit den flachsblonden Haaren), ganz fein modelliert und – dank des Steinways – glasklar in den hohen Tönen.
Dass der erst wenige Jahre alte Steinway, den Pianist Matthias Kirschnereit für das Emder Konzertprogramm auswählte, die rund dreijährige Pause des Umbaus so gut überstanden hat, ist einer sachgemäßen Lagerung in Oldenburg zu danken, versichert Kerstin Rogge-Mönchmeyer. Auch habe sich der Leeraner Klavierbauermeister Tamme Bockelmann große Mühe gegeben, ihn für den Konzertbetrieb wieder einzurichten. Und das ist ganz ausgezeichnet gelungen.


Die Lemberger hatten den Abend mit dem Divertimento „Eine musikalische Schlittenfahrt“ von Leopold Mozart reizvoll begonnen und leiteten damit einen heiteren Musikabend ein, der mit Mozarts Jupitersymphonie (KV 551) ein berauschend schönes Ende fand. Dirigent Gudni A. Emilsson, der sein Orchester mit breiter, bewegungsintensiver Gestik zu einer wunderbar geschlossenen Leistung stimulierte, hatte darum gebeten, das Konzert auf der Vorbühne vor dem brandneuen Vorhang stattfinden zu lassen. Das war zwar ziemlich eng, aber der Klang war überwältigend schön.

Das ukrainische Orchester hatte bisher seiner Heimat keinen Tribut gezollt. Das geschah nun in der Zugabe. Es erklang „Melody“ von Miroslav Skoryks. Es ist eine Hommage an die Heimat, die mittlerweile zur ständigen Zugabe der Lemberger geworden ist. Das Publikum reagierte – aufgrund der melancholischen Intensität des Stückes – mit einer gewissen Rührung.
► Im nächsten Konzert am 6. März um 19.30 Uhr ist Matthias Kirschnereit, Intendant der „Gezeitenkonzerte“, mit dem Tschechischen Symphonieorchester Prag unter Robert Kružík zu Gast im Festspielhaus. Auf dem Programm stehen Griegs Klavierkonzert g-Moll und Dvoraks Symphonie Nr. 8 in G-Dur.