Feingeistige Collagen aus Wort und Ton

Emden. „Dichterinnenliebe“ heißt ein Programm des Duos „Edda & Flute“ aus Norden. Dieses gastierte in der sehr gut besuchten Mennoniten-Kirche in der Brückstraße. Dort sitzen die Gäste an Tischen, bewirtet mit Wein und Knabbereien, während die Künstlerinnen vor der Kanzel Platz finden. Edda Liebermann mit ihrem rund 17 Kilo schweren Konzertakkordeon und Frauke Stenger mit den deutlich leichteren Flöten und einer hellen, aber vollen Stimme gestalteten einen Abend, der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts mit Texten bekannter Dichterinnen zu feingeistigen Collagen zusammenfügte.

Kurze Absprache, dann geht es los: Edda Liebermann und Frauke Stenger. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Dabei stellen die beiden Musikerinnen den Kompositionen eine Textauswahl entgegen, die nach dem Prinzip „kurz und würzig“ funktioniert. Manchmal ist es nur ein Satz, mal ein kurzes Gedicht. Manches ernst, anderes erheiternd sorgen sie für nachhaltige Wirkung.

Die Notenpulte der beiden Musikerinnen waren reich bestückt: viele Texte, viele Töne

Was aber ist Dichterinnenliebe“? Edda & Flute verstehen darunter keine fortlaufende Geschichte, sondern Ereignisse, die „Liebe“ in ihrer ganzen Vielschichtigkeit ausmacht. Zunächst folgt das Programm einer Abfolge zwischen erster Begegnung, glücklicher Zeit, Zerbrechen der Liebe, Versöhnung. Im zweiten Teil werden dann verschiedene Formen der Liebe angesprochen: Mutterliebe, Heimatliebe, Liebe zum Leben. Die Zugabe widmet sich der Liebe zur Musik und präsentiert einen Tango von Astor Piazzolla.


Schon die Eröffnung des Abends mit dem französischen Liebeslied „Plaisir d‘ amour“, das dem Gedicht von Erich Fried „Was es ist“ gegenübergestellt wird, kennzeichnet die emotionale Breite dessen, was noch folgen wird. Dabei haben die beiden Musikerinnen Texte von hoher Qualität gewählt: von Jane Austen, Astrid Lindgren, Mascha Kaleko, Else Lasker-Schüler. Die Musik schwingt zwischen Klassik und Moderne hin und her. Da begegnet der Max Raabe-Song „Guten Tag, liebes Glück“ geschickt Schumanns „Träumerei“. Oder Eric Claptons „Tears in heaven“ erlebt eine Konfrontation mit dem boshaft satirischen „Mütterlein“ von Georg Kreissler.

Die Gemeinde hatte es dem Publikum gemütlich gemacht

Immer präsent – die Stimme von Frauke Stenger, die singt, liest, moderiert – und mittels Klangschale die jeweiligen Kapitel des Programms dezent einläutet. Zudem spielt sie Querflöte und Tin Whistle. Edda Liebermann ist mal solistisch tätig, mal dimmt sie das kraftvolle Akkordeon zu einer stimmungsvollen Untermalung. Mal ist sie romantisch unterwegs, dann im kraftvollen „Wild Mountain Thyme“, schließlich lyrisch im französischen Chanson. Besonders liebevoll ist der Schluss des Programms gestaltet. Die „Schlussworte von Marlene Dietrich“ sind kurz und knapp, und das „Finale in rosenrot“ korrespondiert mit einem Rosenstrauß, den die Musikerinnen auf einem Tisch arrangiert haben.

Das Programm des Abends. Bild: Yannick Walden

Was macht den Reiz des Abends aus? Die Unaufgeregtheit, mit der das Programm abläuft, die geschmackvolle Zusammenstellung von Text und Ton, die dazu reizt, sich beides näher anzusehen und anzuhören. Dazu kommt eine positive, zugewandte Haltung, die Freude macht und angetan ist, von „der Welt“ abzulenken. Nicht zuletzt aber ist es eine selbstverständlich scheinende Perfektion, mit der das Programm durchgeführt wird.