Im Fokus: Zeitlose Uhrenschönheiten
Carolinensiel. Warum sind (ost-)friesische Uhren des 18. und 19. Jahrhunderts auch heute noch interessant, fragt die Leiterin des Deutschen Sielhafen-Museums in Carolinensiel, Dr. Heike Ritter-Eden? „Ist das nicht alles alter Plunder, der nur noch in der Stube der (Ur-)Großeltern oder im Antiquitätengeschäft überlebt hat?“ In der Sonderausstellung, die am 30. März eröffnet wird, würden die Besucher eines Besseren belehrt, verspricht sie.

Der Ausstellungstitel „ZEITLOS!“ sei ganz gewählt worden. „Die Stand- und Wanduhren, die sämtlich in Ostfriesland nach niederländischen Vorbildern hergestellt wurden, sind zeitlos schön.“ Weichholzuhren zeigten eine prachtvolle Bemalung mit Schildpatt-Imitation und Medaillons mit romantischen Szenen. Uhren im Eichengehäuse seien mit Schnitzereien und Gitterwerk verziert. Mondstand-Anzeiger, vielfältige Figuren und Schiffe aus geschnittenem Blech, figürliche und florale Motive dekorierten den Uhrenkasten und das Zifferblatt. „Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.“
Und häufig werde der Betrachter durch Ruinenlandschaften, Sensenfiguren und andere Symbole der Vergänglichkeit an seine begrenzte Zeit auf Erden erinnert. Vergrößerte Details dieser Dekore machten in der Ausstellung auf die Kunstfertigkeit der Uhrmacher und der beteiligten Kunsthandwerker aufmerksam.

Die schönen Uhren erfreuten auch heute noch zahlreiche Kenner und Sammler. Uhrmachermeister Ihno Fleßner aus Rastede sei es durch seine Kontakte gelungen, 36 Wand- und Standuhren aus Ostfriesland für die Doppelausstellung in Esens und Carolinensiel zusammenzustellen. Erstmals würden friesische Uhren in diesem Umfang in Ostfriesland öffentlich ausgestellt. In Carolinensiel werden in den Ausstellungsräumen im Groot Hus und im Kapitänshaus fünf Standuhren, zehn Halbkastenuhren und sechs Stuhluhren gezeigt. Dazu kommen sieben Chronometer als Leihgaben aus Museen und Privatbesitz sowie vier Halbkastenuhren in der Dauerausstellung des Kapitänshauses. Die meisten Uhren stammen aus Privatbesitz, d.h. sie fehlen nun für lange Monate in der Wohneinrichtung ihrer Eigentümer.
Das Thema „Zeit“ ist aktueller denn je, meint Heike Ritter-Eden. Exakte Zeitmessung werde immer wichtiger, alles sei zeitlich eingeteilt und dennoch stünde den Menschen – gefühlt – immer weniger Zeit zur Verfügung. Auch die philosophische Seite dieses Themas spiele in der Sonderausstellung eine große Rolle. Die Besucher würden eingeladen, sich mit informativer Literatur, Gedanken- und Geduldsspielen Zeit für sich zu nehmen und ihren Umgang mit der Zeit zu reflektieren. Ein umfangreiches Programm rund um die Themen Zeit und Zeitmesser begleite die Ausstellung im Sielhafenmuseum. Jeden Sonntagnachmittag werde im Kapitänshaus zum Ostfriesentee eingeladen, um mit der gegen den Uhrzeiger aufgelegten Sahne in der Teetasse die Zeit sprichwörtlich anzuhalten.
Das Deutsche Sielhafenmuseum legt den Schwerpunkt auf Uhren mit maritimem Zusammenhang, darunter Chronometer und sogenannte Meerweibchenuhren. Der zweite Teil der Ausstellung ist in Esens im Museum „Leben am Meer“ zu sehen. Hier sind die ostfriesischen Uhrmacherwerkstätten inhaltlicher Schwerpunkt. Wer eine Eintrittskarte vom Museum Leben am Meer vorzeigt, erhält im Sielhafenmuseum den ermäßigten Eintritt – und umgekehrt!
► Die Ausstellung wird am 30. März um 14.30 Uhr in der Alten Pastorei von Landrat Holger Heymann sowie den Museumsleiterinnen Dr. Heike Ritter-Eden und Anke Kuczinski eröffnet. Die Kuratoren Ihno Fleßner und Dr. Julia Kaffarnik führen anschließend durch die Ausstellungen im Groot Hus und Kapitänshaus. Die Uhrenausstellung wird bis zum 1. November 2025 zu den regulären Öffnungszeiten gezeigt.
► Infos: www.dshm.de