Der Beharrliche
Zum Tod von Dr. Folkert Hinrichs
Emden / Leer. Wie hat er damit gehadert, als er seinen geliebten Beruf als Arzt aufgeben musste – aus Altersgründen. Dabei hätte der Leeraner Mediziner gerne weitergemacht. Er fühlte sich durchaus dazu in der Lage. Denn Beständigkeit und Disziplin waren Maßstäbe, nach denen Dr. Folkert Hinrichs arbeitete und lebte. Das galt auch für seine Ehrenämter. Alle nahm er jahrzehntelang wahr, darunter auch eines im kulturellen Bereich. Als Vorstandsmitglied, seit 1989 als Vorstandsvorsitzender der Stiftung Henri und Eske Nannen und Schenkung Otto van de Loo, die die Kunsthalle und die Kunst aktiv Malschule trägt, führte er das Gremium bis 2016 mit ausgleichender Gelassenheit durch alle schönen und kritischen Momente.
Als der Vorstand im Jahr 1983, drei Jahre vor der Eröffnung der Kunsthalle, gegründet wurde, war der Emder Unternehmer Jürgen Fritzen erster Vorsitzender. Und der hatte seinen Freund Folkert ermunternd beschieden: „Mach da mal mit. Dümmer wird man nicht davon.“ Also machte Folkert Hinrichs mit – und er blieb 33 Jahre im Amt, getreu seinem Motto: „Ich mache lieber weniger, das dann aber beharrlich.“
Hinrichs wurde in Schwerin geborin. Dort hatte sein Vater, ein gebürtiger Emder und ebenfalls Mediziner, seine Praxis eröffnet. Nach der Rückkehr nach Ostfriesland arbeitete der Vater im Borromäus-Hospital. So blieb die Familie in Leer. Hinrichs selber studierte Medizin in Göttingen, Kiel, Innsbruck, Hamburg und nochmals in Kiel. Solche Wechsel waren seinerzeit üblich. 1971 eröffnete der Mediziner mit seiner Schwester eine Gemeinschaftspraxis für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe.
Darüber hinaus engagierte sich Hinrichs für seinen Berufsstand: zunächst als stellvertretender, dann als Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung in Aurich und als Vorsitzender der Ärztekammer Niedersachsen in der Bezirksstelle Aurich. Eng verknüpft ist seine Mitgliedschaft bei den Rotariern mit dem Einsatz für die Hospiz-Initiative Leer, für die die Rotarier eine eigene Stiftung ins Leben riefen.
Solche langfristigen Tätigkeiten, die auch mit deutlichen Meinungsbekundungen des Amtsträgers verknüpft waren, blieb nicht ohne Würdigungen. Bund und Land verliehen Verdienstorden, die Ostfriesische Landschaft ehrte den Unermüdlichen mit dem Indigenat.
Die Kunsthalle blieb sein kulturelles Zentrum. Allerdings musste sich Hinrichs, selber durchaus kunstaffin, immer wieder mit Bauvorhaben beschäftigen. Die Kunsthalle wuchs, und sie musste sich den ständig steigenden Anforderungen anpassen – sei es, was die Besucherströme anging, sei es, was Bedingungen für Ausleihen betraf, sei es auch, was die Unterbringung des eigenen Bestandes erforderte. Es wurde also gebaut.
Das habe immer wieder für Diskussionsstoff gesorgt. Im Vorstand habe dabei oft genug die Meinung vorgeherrscht, man dürfe an Henri Nannens Haus keine Veränderungen vornehmen. „Die Entwicklung geht aber nun einmal immer weiter“, hatte Hinrich gegengehalten. Schließlich stimmte der Vorstand allen Erweiterungen und Modernisierungen zu.
Von den Ausstellungen begeisterte ihn besonders die Schau mit Werken von Edvard Munch, die 2004/05 für Furore sorgte und die bisherigen Besucherrekorde brach. „Mein absolutes Highlight“, schwärmte Folkert Hinrichs noch Jahre später – kein Wunder, war er doch mit einer Norwegerin verheiratet.
Als er 2016 seine Arbeit im Vorstand der Kunsthallen-Stiftung beendete, versprach er, dass er sich „eine bleibende Verbundenheit mit dem Museum und der Stiftung“ erhalten werde. Seine Zuneigung und Hinwendung zu diesem besonderen Werk und zu Eske Nannen werde lebenslang anhalten. Von diesem Versprechen entband ihn nun der Tod. Dr. Folkert Hinrichs starb mit 87 Jahren in Leer.