Ein Abend voll Noblesse und Eleganz

Pilsum. Das zweite Konzert des Krummhörner Orgelfrühlings fand in der Kreuzkirche zu Pilsum statt. Dort spielte die Hamburger Organistin Dagmar Lübking die Orgel von Valentin Ulrich Grotian aus dem Jahr 1694. Dabei zeigte Lübking die ganze Bandbreite dessen, was die große Orgel mit ihren 20 Registern auf zwei Manualen, dem Haupt-, dem Brustwerk und dem angehängten Pedal zu leisten imstande ist. Sie wählte dabei geistliche wie weltliche Musik, einmal ging es gar in den höfischen Bereich.

Volles Haus in der Kreuzkirche zu Pilsum, in der die Grotian-Orgel von 1694 im Mittelpunkt stand. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Das bekannte Lied „Innsbruck ich muss dich lassen“ zur klangvollen Musik von Heinrich Isaac fand ebenso Aufnahme in das Programm wie die gemessen und behutsam sich entwickelnden Variationen über „Nun lob, mein Seel, den Herren“ von Michael Praetorius oder der stark rhythmisierte Tanz „Lo ballo dell Intorcia“ von Antonio Valente.
Sie spielte die Grotian-Orgel: die Hamburger Organistin Dagmar Lübking

Mit dem zauberhaften „Capriccio sopra il Cucu“ von Johann Kaspar Kerll eröffnete Lübking die Schlussphase ihres Konzertes. Ein leichtes Raunen ging dabei durch das Publikum, das das unvermutet auftauchende fröhliche „Kuckuck“ in einem Konzert für Alte Musik wohl gar nicht erwartet hatte.

Zwei aus der großen Gästeschar, die den Abend miterlebten: Vater und Sohn Heino Schmull. Der 90-Jährige kommt aus Norden, der 63-jährige Sohn ist promovierter Germanist aus Tübingen, und in seinem zweiten Berufsleben Softwareentwickler im Verlagsbereich

Natürlich durfte das Schwergewicht der Musik nicht fehlen. Von Johann Sebastian Bach hatte Dagmar Lübking zwei Werke ausgewählt: die Fantasie in a (BWV 904), deren Schwierigkeitsgrad als „schwer“ klassifiziert wird und die Lübking mit feiner Noblesse spielte. Das zweite Werk war das Adagio aus dem Concerto in D-moll, ein traumverloren schönes Stück, das abgelöst wurde durch eine tänzelnde Ciaconna in G von Jean Baptiste Lully – Musik aus einer Barockoper.

Dankeschön an die Musikerin: Pastor Siek Postma überreicht den Kalender des Orgelfrühlings an Dagmar Lübking. Postma war an dem Konzert mit der Lesung zweier Psalmen beteiligt. Er sprach auch den Segen

Dagmar Lübking ließ an diesem Abend die Orgel singen und klingen. Sie bot dem Instrument luftige Freiräume und meditative Stille. Sie lotete die emotionalen Tiefen aus und berücksichtigte auch die Momente von Klage und Lobpreis. So entstand ein musikalischer Kosmos voller Schönheit und fein abgestimmter Gefühlslagen – immerhin befinden wir uns immer noch in der 50-tägigen Osterzeit, die diese Vielfalt an Emotionen zulässt. Und so war es ein sanftes „Stück zur Nacht“, das diesen Abend mit Zartheit beendete.