Spannendes in Violett

Aurich. Das Emder Jahrbuch für 2025 ist erschienen und wurde in Aurich im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Das wissenschaftliche Periodikum – dieses Mal im violetten Gewand – enthält fünf große Aufsätze, von denen drei sich speziell mit Emder Themen beschäftigen, wie Dr. Michael Hermann, Leiter des Niedersächsischen Landesarchivs – Abteilung Aurich. Hermann und der Leiter der Landschaftsbibliothek, Dr. Heiko Suhr, erledigten in diesem Jahr die redaktionelle Arbeit.

Stellten das Jahrbuch vor: Dr. Klaas-Dieter Voß (A Lasco Bibliothek), Gregor Strelow (1820dieKUNST), Dr. Michael Hermann (Landesarchiv Aurich), Dr. Matthias Stenger (Ostfriesische Landschaft) und Dr. Heiko Suhr (Landschaftsbibliothek). Bild: Sebastian Schatz, OL

Dr. Bernd Kappelhoff, ehemals Präsident des Niedersächsischen Landesarchivs, hat den Emder Museumsdirektor Konrad Ullmann näher in den Blick genommen, indem er Akten der staatlichen Museumspflege des Landes Niedersachsen beziehungsweise des Museumsverbandes Niedersachsen auswertete, wie Michael Hermann, ausführte. Ullmann wollte das Museum nach eigenen Vorstellungen leiten – und zwar ohne Einmischung des Kunst-Vorstandes. Das aber führte zu Konflikten. Der Kunstvorstand, Anton Kappelhoff, legte Ullmann nahe, selber zu kündigen. Das besondere bei diesem Aufsatz: Anton Kappelhoff ist der Vater von Bernd Kappelhoff. Doch der Historiker habe sich streng an wissenschaftliche Maßstäben ausgerichtet und die Sohnesperspektive ausgeklammert, betonte Hermann.

Aiko Schmidt, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Ostfriesischen Landesmuseum, ist der Autor des zweiten Beitrags. Er beschäftigt sich mit dem Pelzerhaus Nr. 11. In dem Aufsatz geht es um die Diskussion möglicher Nutzungskonzepte ab den 70er Jahren und mit der Restaurierung des Gebäudes bis 2001. Das Haus wurde noch bis 1989 als Unterkunft für sozial Benachteiligte genutzt. Die Renovierung erfolgte behutsamer als bei dem Nachbarhaus Pelzerstraße 12, das bis auf die Nordfassade abgerissen und neu aufgebaut wurde. Das alte Haus vermittle nun einen Eindruck von den Lebensverhältnissen vor 350 Jahren, „auch wenn die Räumlichkeiten aufgrund gravierender Umbaumaßnahmen in den Jahrhunderten zuvor, nicht wieder in ihren nicht mehr zu rekonstruierenden Urzustand versetzt wurden“, resümmiert Schmidt.

Den Briefwechsel des Gelehrten Ubbo Emmius hat Kläre Seemann für ihre Masterarbeit an der Universität Göttingen untersucht, insgesamt 540 überwiegend lateinisch verfasste Korrespondenzen. Dabei habe sich die Wissenschaftlerin vor allem für das Netzwerk interessiert, das sich ablesen lässt. Inhaltlich ging es bei den Briefen vor allem um Quellenbeschaffung, den Fortgang des Schreibens, die Probleme bei der Veröffentlichung von Schriften, notiert Hermann in seiner Pressemitteilung. Aber auch die Auseinandersetzung mit den politischen und konfessionellen Geschehnissen in Ostfriesland finde ihren Niederschlag.

Benjamin van der Linde, Leiter der Fachstelle Rehionalgeschichte des Emsländischen Heimnatbundes in Meppen, beschäftigt sich in seinem Aufsatz mit Emden im 17. Jahrhundert und vertritt die These, die Geschichte der Stadt „zukünftig nicht allein aus einer reichsgeschichtlichen Perspektive zu betrachten , sondern stets den Konnex zur niederländischen Republik im Blick zu halten“. Hintergrund seiner Einschätzung: Anders als im 16. Jahrhundert, das in den Blick rückt, wenn von Emdens Blütezeit gesprochen wird, geht van der Linde davon aus, dass Emden nach 1595 eine wirtschaftliche und kulturelle Zeit erlebte, die parallel auch für niederländische Städte symptomatisch war.

Einer ostfriesischen Frau widmet sich die langjährige Museumsdirektorin der Gallerie dell‘ Accademia in Florenz, Dr. Cecilie Hollberg. „Erinnerungen der Frau Marianne von Hartwig, geb. von Frese (1798 bis 1884)“ heißt ihr Beitrag. Marianne wuchs auf Burg Hinta auf und heiratete mit 20 Jahren Gottlieb von Hartwig. Sie hinterließ handschriftliche Erinnerungen, die sich in Privatbesitz befinden und die Cecilia Hollberg aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen auswerten konnte. Es geht dabei um Kultur-, Militär-, Familien- und Sozialgeschichte, erklärt Michael Hermann, der darauf hofft, dass diese Handschrift bald zum Landesarchiv kommt. Cecilia Hollberg hatte ihren Aufsatz dem Jahrbuch von sich aus angeboten – und Hermann hatte gerne zugegriffen.

Neben den großen Aufsätzen benennt das Emder Jahrbuch 2025 Literatur zur Geschichte Ostfrieslands und der Nachbargebiete, die Ostfriesische Fundchronik, Jahresberichte der Ostfriesischen Landschaft und von 1820dieKUNST.

Herausgegeben wird das Jahrbuch von einer Herausgeber-Gemeinschaft, in der vertreten sind: die Ostfriesische Landschaft, die Gerhard ten Doornkaat Koolman-Stiftung, die Gesellschaft für Kunst und vaterländische Altertümer, die Johannes a Lasco Bibliothek und das Landesarchiv in Aurich.

► Das Emder Jahrbuch umfasst 260 Seiten, kostet 30 Euro, ist in einer Auflage von 800 Stück erschienen und kann über den Buchhandel oder über die Ostfriesische Landschaft bezogen werden.