Exakt getaktet, präzise ausgearbeitet
Das Eröffnungskonzert des Gezeiten-Festivals fand im Festspielhaus am Wall in Emden statt
Emden. Ein Abend, ganz darauf abgestimmt, dem Motto der diesjährigen Gezeitenkonzerte gerecht zu werden. „Hoffnung!“ heißt dieses Motto, und am Eröffnungsabend des Festivals im ausverkauften Festspielhaus am Wall wurde es getragen von den Idealen der Menschlichkeit – ausgedrückt in Musik.

Zu Gast war das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode unter der inspirierenden Leitung von Musikdirektor Christian Fitzner, der dem Orchester schon seit 30 Jahren vorsteht. Die Vertrautheit war ein wesentliches Element eines Programms mit Werken aus der Wiener Klassik. Mit der Egmont-Ouvertüre von Beethoven bot das Kammerorchester einen starken Auftakt. Exakt getaktet und präzise ausgearbeitet wurde die Ouvertüre zu einem schwergewichtigen, kraftstrotzenden Statement am Beginn eines vielversprechenden Konzertes.

Mit Mozarts Klavierkonzert Nr. 27, seinem letzten, stellte sich der künstlerische Leiter des Gezeitenkonzerte, Matthias Kirschnereit, im ersten Konzert der 40-teiligen Reihe einem Publikum vor, das nicht nur dem Festival, sondern auch seinem Leiter ganz offen außerordentlich freundschaftliche Gefühle entgegenbringt. Die Ostfriesen haben Kirschnereit schon lange angenommen. Ganz sicher ist er somit ein heißer Kandidat für das Indigenat. Und als Quasi-schon-jetzt-Ehrenbürger der Region, wurde er auch gefeiert.

Das Zusammenspiel mit den Wernigerodern war ein fein abgestimmter Dialog, der in vielen Details seine ganze Qualität offenbarte. Da war zum Beispiel das Larghetto, in dem sich ein zauberhaftes Zwiegespräch zwischen Querflöte und Klavier entspann – ganz zart kommentiert von den Geigen. Wie lässt sich emotionales Potential reizender und verlockender in Musik umsetzen?

Und dann kam sie: die mächtige „Eroika“, die Heroische. Beethovens 3. Sinfonie in Es-Dur. Oft gehört, aber nie ausgehört, immer wieder spannend und vom Kammerorchester Wernigerode wunderbar dynamisch und lebendig umgesetzt. Hier ließ sich besonders ausführlich – die Sinfonie ist ungewöhnlich lang – beobachten, wie gut Orchester und Dirigent aufeinander abgestimmt sind, wie sie ganz instinktiv und sicher aufeinander reagieren und die breitgelagerte Sinfonie mit Zartgefühl, aber auch harmonischer Wucht interpretieren.

So wurde das Konzert zu einem mutmachenden, mitreißenden, Maßstäbe setzenden Auftakt für acht vielversprechende Festivalwochen.