Die hohe Kunst der Leichtigkeit
Esens. Mit Urgewalt legte es in der Magnuskirche in Esens los: das Göttinger Symphonieorchester spielte eine „Last Night of the Proms“ mit einem klassischen Programm, das sich voller Heiterkeit und Spiellust einem Publikum mitteilte, das seinerseits entschlossen war, sich prächtig zu amüsieren. Es gab Fähnchen und silberfarbene Fan-Artikel, die munter geschwenkt wurden, und von der Orgelempore hingen britische Minifähnchen am Band aufgereiht.

Die allgemeine Lockerheit entsprach ganz der Absicht des Dirigenten. Nicholas Milton heizte die Stimmung mit pfiffiger Moderation zusätzlich an – und brachte schließlich die gut 900 Gäste zum Mitsingen. Ein gigantischer Chor, der das große Orchester begleitete, als dieses in der Zugabe Edgar Elgars Marsch Nr. 1 aus dem Zyklus „Pomp and Circumstances“ anstimmte. Dass nicht alle den englischen Text zu „Land of Hope and Glory“ erinnerten, machte gar nichts. Man solle doch einfach „La,la,la“ mitsingen, meinte Milton. Und das funktionierte auch.

„Wir wollten etwas anbieten, das Klassik mit viel Humor verknüpft und das auch Menschen anspricht, die etwas Leichteres in der Musik bevorzugen“, sagte hinterher die Vorsitzende des „Freundeskreises der Gezeitenkonzerte“, Heide Fritzsche. Die Freunde waren an diesem Abend in Esens die Konzertförderer.
Auf dem Programm stand in der Tat eine Form von Klassik, die Spaß machte. Ouvertüren, Tänze, klassische Musik, die mit viel Esprit und Fröhlichkeit einen sehr freundlichen Abend gestaltete. Da ging es manches Mal laut zu, denn das große Orchester hatte nicht nur Geigen und Bratschen dabei, sondern auch Posaunen und viel Schlagwerk jeder Art. Und so entwickelten sich zwei höchst inspirierende Stunden mit dem „Tanz der Komödianten“ aus „Die verkaufte Braut“ von Smetana, mit der Farandole aus „L’Arlésienne“ von Bizet, mit dem „Hornpipe“ aus der Wassermusik von Händel und vielen weiteren musikalischen Leckerbissen.

Daneben gab es aber auch sehr stimmungsvolle Musik, Dazu gehörte „Nimrod“ aus den Enigma-Variationen von Edward Elgar oder Peter Warlocks „Basse Dance“ aus der „Capriol Suite“ oder auch das Traditional „Londonderry Air“ in einem Arrangement des Dirigenten. Der gab sich völlig zugänglich und demonstrierte, dass er, der Australier, in der Pause mal schnell ein paar Worte Plattdeutsch gelernt hatte, was seinen sowie schon hohen Sympathiewert noch steigerte.



Die Technik der Gezeitenkonzerte hatte dafür gesorgt, dass es eine Bildübertragung in der Halbkuppel über der Apsis gab, die ihre Bilder aus sechs im Raum verteilten Kameras bezog. Diese Projektionen werden von Jahr zu Jahr verfeinert und bieten auch jenen Besuchern ein Bild des Orchesters, die aufgrund der Größe des Raumes sonst eher über akustische, denn über optische Eindrücke am Konzert teilhaben. Fazit: Die allgemeine Begeisterung machte deutlich, dass das Format überzeugte und die hohe Kunst der Leichtigkeit viele Freunde gefunden hatte.