Reizvolles Umfeld für großartige Musik

Norden. Ein exquisites Programm und eine exzellente Präsentation kennzeichneten ein Gipfelstürmer-Konzert aus, das im Rahmen des Gezeiten-Festivals in der Norder Ludgerikirche stattfand. Zu Gast war die Mecklenburgische Bläserakademie unter Leitung des Oboisten und Dirigenten Gregor Witt. Als Solist spielte Komponist und Akkordeonist Frank Raschke. Weitere Solistin war Organistin Anneke Brose, die anhand eines Allegro von Felix Mendelssohn-Bartholdy die Norder Arp-Schnitger-Orgel vorstellte. Das Konzert wurde von NDR Kultur aufgezeichnet und wird am 27. Juli um 13 Uhr in der Sendung „Das Konzert“ gesendet.

Spielten Strauss, Mayer und Raschke: die Mitglieder der Mecklenburgischen Bläserakademie. Bilder: Karlheinz Krämer

Die Bläserakademie wählte mit Richard Strauss‘ Sonatine für Bläser F-Dur ein – der Besetzung wegen – selten gespieltes Werk aus. 16 Bläser sind notwendig, um es zu realisieren. Bei der Sonatine, die eigentlich eine Sinfonie ist, handelt es sich um ein altmeisterliches Werk des damals 80-jährigen Komponisten, das aber mit seiner klanglichen Farbigkeit jede Möglichkeit lässt, ein jugendliches Orchester in freudige Bewegung zu versetzen.

Leitet das Ensemble: Dirigent und Oboist Gregor Witt

Mit einer Ouvertüre in D-Dur kam nach der Pause die Komponistin Emilie Mayer ins Spiel, zu ihrer Zeit eine eigenwillige unkonventionelle Dame, die Jan Kampmeier im Programmheft – wie üblich mit seiner Lust an der Anekdote – lebhaft vorstellt. Ihre Ouvertüre ist ein heiter fließendes Werk, energiegeladen und eingängig. Für Orchester geschrieben, bot die Übernahme durch die Bläser ein reizvolles Umfeld für großartige Musik.

Bläser der Mecklenburgischen Bläserakademie

Großartig ist aber auch das, was Frank Raschke mit seinen „Streetmusic-Scenes from Klein-Paris“ geschaffen hat. Klein-Paris, eine Suite für Akkordeon und Holzbläser, hat nichts mit der französischen Hauptstadt zu tun, sondern verweist auf Leipzig, wie es schon in Goethes „Faust“ bezeichnet wird. Raschkes „Straßenmusik-Szenen“ sind kleine Momente, eingefangen und in inspirierender Weise zusammengefügt.

Oboe, Kontrafagott und Klarinette

Klar, dass auch Elemente des Valse Musette zu hören sind, dass Folkloristisches auftaucht oder dass Mozarts „Rondo alla Turca“ in zartester Weise Eingang in eine Komposition findet (hier explizit in Raschkes „Turkish Csardas“). Alles überzieht ein Hauch Jazz, ist mal poetisch, mal rasant – und auf jeden Fall für ein Konzert mit temperamentvollen Gipfelstürmern sehr geeignet. Dass auch das Publikum größten Spaß dabei hatte, muss wohl nicht eigens ausgeführt werden.

Frank Raschke mit seinem Akkordeon

Raschke wirkte in seiner zurückhaltenden Art ebenso sympathisch wie Dirigent Gregor Witt, der das junge Orchester mit fester, aber freundlicher Art im Griff hatte. Nach einer Zugabe, einer „Passacaglia“ von Frank Raschke, gab es viel Applaus und strahlende Gesichter auf beiden Seiten des Podiums.

Die Ludgerikirche und ihr Umfeld mittels einer Drohne in den Blick genommen