Mit Lust und Laune

Schirum. Da standen zwei auf der Bühne, die sich den Abend mit Lust und Laune teilten. Beim Gezeitenkonzert bei Pollmann & Renken in Schirum waren die armenische Pianistin Lilit Grigoryan und der russische Schriftsteller Wladimir Kaminer auf den Brettern ein sehr effektives Paar.

Lilit Grigoryan

Sie hatte ein Programm zusammengestellt, dass Komponisten vorstellte, die in irgendeiner Weise mit Flucht und Vertreibung zu tun hatten. Er steuerte muntere Plaudereien und zwei Lesungen aus seinen Büchern bei. Beide Geschichten waren im emigrantischen Milieu beheimatet. In der einen ging es um den Besuch in einem nepalesischen Restaurant, in der anderen um die Suche nach dem geeigneten Fleisch für einen armenischen Grillspieß.

Wladimir Kaminer

Da traf tiefster Ernst auf lässigen Humor, und diese Gegensätze zogen sich mächtig an. Grigoryan und Kaminer ließen sich gegenseitig Raum, kamen sich nicht wirklich ins Gehege und bildeten so ein Team, in dem sich Polaritäten aufhoben.

Hatte seine Freude an dem ausverkauften Abend: das Publikum im großen Saal von Pollmann und Renken. Bilder: Karlheinz Krämer

Grigoryan hatte hoch komplexe Kompositionen im Programm. Beginnend mit zwei Nocturnes von Chopin über die Sonate „Idyll“ des heute nahezu unbekannten Nikolai Medtner, die relativ harmlos anfing, sich dann aber zu einem Höhenflug in die Gefilde kompliziertester Tastenkunst steigerte. Folkloristisch, aber kaum weniger schwierig waren die Tänze von Komitas, einem armenischen Mönch, dessen Kompositionen auf dem Boden heimischer Melodien fußen. Sehr melancholisch und melodisch gewöhnungsbedürftig.

Einen Kulminationspunkt erlebte das Publikum mit Rachmaninows Klavierbearbeitungen von Fritz Kreislers „Liebesleid“ und „Liebensfreud“, wobei die Freude sich mit donnernden Akkorden mitteilte. Bravourstücke – ohne Zweifel. Den Vogel aber schoss Grigoryan mit ihrer Zugabe ab. Zwei Tänze aus dem Ballett „Gayaneh“ von Aram Chatschaturjan, zum Schluss der berühmte wilde „Säbeltanz“, brachten Tempo, Präzision und unbändige Spielfreude.

Kaminer, der seine heimischen Standorte in Berlin und einem Dorf in Brandenburg bereits ausführlich erheiternd beschrieben hatte, über das Gärtnern gebührend gelästert und seine kulinarischen Erlebnisse in aller Komik geschildert hatte, ließ sich auch bei seiner Zugabe vom Gedanken des Komödiantischen leiten – und seiner 94-jährigen Mutter.