Friesenbühne inszeniert Gerichtsdrama

Emden. Zum Herbstauftakt hat die Friesenbühne Emden gewaltig aufgefahren. 15 Spielerinnen und Spieler stehen auf der Bühne, wenn es ab dem 31. Oktober heißt „Se seggt. He seggt“. „Das funktioniert nur, weil ie Akteure nie alle zusammen auf der Bühne stehen“, erklärt Regisseurin Birgit Frerichs. Sie ist nicht nur als Spielleiterin tätig, sondern hat auch den Text des Stückes ins Plattdeutsche übertragen.

Rechtsmedizinerin Laux-Frohnau (Iris Kreps) erläutert dem Vorsitzenden des Landgerichts (Werner Nörtker) das Ergebnis ihrer Untersuchungen. Hinten im Bild: Dajo Kaiser, der den Oberstaatsanwalt Heise spielt. Links vorne : Regisseurin Birgit Frerichs

Es handelt sich dabei um ein Gerichtsdrama des Juristen und Schriftstellers Ferdinand von Schirach. Das Buch hatte Birgit Frerichs, die in der Emder Stadtbücherei arbeitet, gelesen – und war sofort entflammt. 2024 wurde das Stück als Fernsehspiel übertragen. Jetzt wird die Friesenbühne es aufführen. Und das Thema ist ernst. Es geht um sexuelle Übergriffe auf Frauen, aber auch um die Kehrseite der Thematik, nämlich um ungerechtfertigte Vorwürfe sexueller Gewalt, die aus Rachegelüsten von Frauen gegenüber Männern geäußert werden.

Die Übertragung juristischer Fachbegriffe ins Plattdeutsche sei nicht einfach gewesen, gesteht Birgit Frerichs zu. Daher habe sie zu Umschreibungen gegriffen – auch um Textpassagen kürzer zu gestalten. Manche Erläuterungen juristischer Sachverhalte seien einfach zu umständlich gewesen und hätten zu unnötigen Längen geführt. Nun hat sie „Se seggt. He seggt“ auf ein verträgliches Maß gebracht – und zudem eine nicht vorgesehene Pause eingeschoben. Auch das geschieht aus gutem Grund. Denn die Bühntjer stellen eine kleine Ausstellung zum Thema vor, die von Christina Meyer (Weißer Ring) eingerichtet wurde. Die Pause soll aber auch dazu dienen angesichts des problematischen Inhalts „Luft zu holen“, wie Birgit Frerichs versichert.

Die Ausgangsposition des Stückes ist thematisch überschaubar: TV-Moderatorin Katharina Schlüter behauptet, ihr ehemaliger Geliebter habe sie mißbraucht. Aus zunächst einvernehmlichem Sex sei eine Vergewaltigung geworden. In dem folgenden Strafprozess steht Aussage gegen Aussage. Das Gericht kommt zu keinem eindeutigen Urteil, und so bleibt das Ende offen. „Die Besucher können sich selber ein Urteil bilden, die Argumente überdenken“, sagt Birgit Frerichs.

Die Bühnenmannschaft, bestehend aus Reinhard Bruns, Helmut Zimmermann, Rainer Vogt, Karl-Peter Frerichs und Fabian Hinrichs – hat die kleine Bühne im Lüttje Huus in einen Gerichtssaal verwandelt, dessen braun-schwarz gestreifte Wände schon einmal ein beunruhigendes Flair verbreitet. Zudem sind noch drei Tischelemente aufgebaut: ein Richtertisch für Werner Nörtker, der den Vorsitzenden des Landgerichts spielt, sowie zwei Tische für die Vertreter der Anklage und der Verteidigung. Da ist dann einiges los im Gericht, und es wird stellenweise richtig eng. Doch die Nähe, die distanzierende Einrichtung und die sachbezogenen juristischen, medizinischen und psychologischen Fakten sorgt für Intensität und Konzentration.

► Die Friesenbühne spielt „Se seggt. He seggt“ vom 31. Obtober bis zum 2. November, vom 6. bis 9. November, vom 13 bis zum 16. November und vom 20. zum 22. November. Donnerstags bis sonnabends ist der Beginn um 20 Uhr, am Sonntag jeweils um 16 Uhr.

► Eintritt: 13 Euro. Reservierung: www.friesenbuehne.de oder bei Kulturevents am Alten Markt 2a