Zeitlose Ansichten – Teil 3

Ostfriesland. In einem Nachlass sind 96 Arbeiten von Heinrich Habbo Herlyn gefunden worden, die nun nach und nach hier veröffentlicht werden sollen. Es handelt sich um Zeichnungen und aquarellierte Arbeiten, die ein Ostfriesland vor etwa 40 bis 100 Jahren zeigen.

Heinrich Habbo Herlyn wurde 1901 in Namibia geboren und starb 1992 in Leer. Er war Schriftsteller und Redakteur und veröffentlichte unter anderem in Heimatblättern Geschichten und Gedichte über ostfriesische Themen. Viele seiner Arbeiten hat er selber mit Zeichnungen versehen. Zumeist stammen sie aus den 20er bis 80er Jahren. Manche sind datiert, nur wenige sind mit einem Ortshinweis versehen.

Auffallend ist, dass eine große Anzahl Zeichnungen Ostfriesland im Winter zeigt. Winterbilder sind im allgemeinen rar, weil ihr kühles Kolorit vermeintlich beim Betrachter weniger gut ankommt. Herlyn isoliert Gebäude und Landschaftsausschnitte und „porträtiert“ sie auf diese Weise. Dabei liegt über allen Bildern eine Stimmung von Ruhe, Gelassenheit und Zeitlosigkeit.

Ansicht einer Landschaft vor dem Deich von 1983.

Die heutigen Bilder zeigen zwei Ansichten mit Wasser: einen Blick auf einen Außendeich von 1983 und Fischerboote vor Norderney von 1920. Trotz des zeitlichen Sprunges von 60 Jahren erkennt man die verbindende zeichnerische Handschrift Herlyns. Dazu gestellt ist ein Gedicht von Berend de Vries (1883 bis 1959).

Von 1920 datiert dieses Aquarell zweier Kutter vor Norderney.

Meerleuchten

Schwankender Mast ritzt Runen ins sternhelle Blau.

Silbern tauchen die Riemen aus sprühendem Grau.
Leuchtende Wirbel verkreisen in Dünung und Nacht.
Windleere Segel flappen und schwirren sacht.

Schweigen und Sterne. Manchmal, dunkel und stumpf,

Murrt das schlafende Meer an den Riffe dumpf;
Dann jäh in die Nacht sprüht’s nah aus der Brandung empor
Wie silberner Atem, der rasch sich verlor.

Jankende Riemen. Bei jedem Murren am Riff:
Schärfer erspäh ich die Feuer, und der Griff
Meiner Faust wird fester. – Erdfern, seltsam verrinnt
Die Nacht …

Ob wir auf fremdem Sterne sind?