Es entsteht: das tollste Theater Niedersachsens

Emden. Das neue Festivalhaus am Wall geht seiner Fertigstellung entgegen. Noch will Bauherrin Kerstin Rogge-Mönchmeyer sich nicht auf einen Eröffnungstermin einlassen, aber dass Emden in nunmehr absehbarer Zeit das „modernste und tollste Theater in Niedersachsen“ bekommt, das ist für die Betriebsleiterin von Kulturevents völlig klar. Nahezu alle Theater im Land wurden besucht und daraufhin begutachtet, was sich bewährt hat und was nicht. Für Emden wurde dann das beste und modernste geordert. „Wenn wir fertig sind, haben wir für die nächsten 50 Jahre Ruhe“, versichert Rogge-Mönchmeyer, die mit gewohnt unverdrossener Heiterkeit durchs Haus führt.

Einer von insgesamt vier Zugängen in den Theatersaal: Kerstin Rogge-Mönchmeyer mit einer der beiden Freitreppen

Herbe Rückschläge hat das Projekt hinnehmen müssen – Lieferengpässe durch die Pandemie, mehrfache Ausschreibungen, Kostensteigerungen. All dem begegnete die Kulturmanagerin, die selber Kontrabaß spielt, mit gelassener Geduld. Schließlich hat sie schon in Rostock ein Großprojekt gemanagt, in Bremerhaven eine Mehrzweckhalle gebaut, und nun sorgt sie in Emden dafür, dass das Bauprojekt der Erweiterung und Aufrüstung des einstigen Neuen Theaters zum Festspielhaus gelingt.

Wer die mächtige Glasfassade – böhmisches Glas, weil die Tschechen eine direkte Gasleitung aus Russland nutzen – hinter sich lässt, steht in einem Foyer, in dem sich Baustoffe noch stapeln. Vor allem leere Farbeimer sind darunter, aber auch Reste von Teppichboden und Kartonagen. Die beiden großen Treppenaufgänge in den ersten Stock des Foyers – von hier aus gelangt man in den oberen Bereich des Theatersaals – sind gesperrt. Es wurde gerade roter Teppichboden ausgelegt. Nun müssen die Sicherheitskanten noch montiert werden. Die Geländer wurden vor Ort geschweißt. „Ein ganz toller Mitarbeiter hat das gemacht“, sagt Kerstin Rogge-Mönchmeyer. Er habe so sauber gearbeitet, dass man die Schweißpunkte kaum sehen könne, lobt sie. Der Aufzug ist bereits abgenommen worden, die Mitarbeiter haben eine Einweisung erhalten.

Bequemes Sitzen garantiert: Jessica Wolter, Meisterin der Veranstaltungstechnik, die seit 2010 bei Kulturevents Emden arbeitet, macht es vor

Im Foyer sind die meisten Tresen und Schränke für das Catering schon installiert. Hier hat man alle Vorrichtungen so eingerichtet, dass wirklich alle Kunden sehr schnell mit Getränken versorgt werden können. Kaffeemaschinen befinden sich in den hinteren Räumlichkeiten. Sitzgelegenheiten gibt es zahlreich. Und gerade wurde ein maritimes Bild bei dem Fotorealisten Hermann Buß in Auftrag gegeben. Es soll direkt auf die Wand hinter dem Catering-Bereich gemalt werden. „Damit auch Gäste, die während einer Tagung im Festivalhaus sind, wissen, wo sie sich befinden“, sagt Kerstin Rogge-Mönchmeyer.

Es wird weitere Bilder von Buß im Haus geben, die die teilweise sehr langen Wände schmücken. Man habe sorgsam überlegt, welche Motive man auswählen wolle und sich mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin im Ostfriesischen Landesmuseum, Dr. Annette Kanzenbach, beraten. Es sei aber immer wieder auf Buß und seine prägnante maritime Malerei hinausgelaufen.


Die beiden seitlichen Gänge, die im unteren Bereich vom Foyer zum Theatersaal führen, sind modernisiert worden. Statt fester Garderoben werden hier schwenkbare Systeme eingebaut, die man beiseiteklappen kann. So ist es möglich, auch diese Bereiche mehrfach zu nutzen – als Büffet-Raum etwa oder bei Tagungen als zusätzlichen Raum für Kleingruppen.

Überhaupt ist im Festspielhaus alles darauf angelegt, mehrfach genutzt zu werden. Überall sind zusätzliche Stromanschlüsse in versenkbaren Schächten vorgesehen. Es wird die Möglichkeit bestehen, Veranstaltungen per Beamer auf eine große Leinwand im Foyer zu übertragen. Brandschutz, Belüftung, Klimatisierung, Wärmedämmung sind auf dem neuesten Stand der Technik. Eigens für das Filmfest wurde mit Dolby Atmos ein Surround Sound Format eingebaut, das die Übertragung von Geräuschkulissen aus allen Richtungen erlaubt. Es gibt modernste Technik auch für den Bereich Hörgeräte.

Der Theatersaal mit Blick zur Bühne. Die Theatersitze auf der Bühne werden noch im Theatersaal installiert, wenn die Arbeiten am Orchestergraben beendet sind

Rollstuhlfahrer gelangen künftig per Lift in den ersten Stock des Foyers, wo sie durch die neu geschaffenen oberen Theatertüren barrierefrei zu ihrem Platz im Saal gelangen können. Dank mobiler Bestuhlung entfällt für sie künftig auch eine Notplatzierung am Rande einer Reihe.

Insgesamt bietet das Haus weniger Sitzplätze – 582 statt bisher etwa 700. Dafür wurde die Beinfreiheit vergrößert. Die Sitze selber sind breiter und sehr bequem – dafür sorgte unter anderem ein Termin mit den Mitgliedern des m Kulturausschusses, die zum Probesitzen eingeladen waren und unter mehreren Angeboten auswählen konnten. Alle Stoffe, die im Saal verwendet werden, sind feuerfest und vorteilhaft für die Akustik. Selbst die Polsterung der Stühle trage zum guten Ton bei, berichtet Kerstin Rogge-Mönchmeyer. Die Sitze präsentieren sich in Rot auf anthrazitfarbenem Teppichboden. „Der ist imprägniert, so dass man auch stärkere Verschmutzungen leicht entfernen kann.“

Die Sitzreihen wurden gedrittelt. In der Mitte sind pro Reihe je 20 Sitze angeordnet, zusätzlich wurden je ein Seiten-Parkett angelegt. Dafür sind die Treppenanlagen schmaler geworden. „Es entspricht aber natürlich alles den Vorgaben“, erläutert die Bauherrin. Die Wände im Saal sind dezent gestrichen. Lange Lichtleisten teilen die Wandflächen optisch in Segmente ein. Lichtleisten bekommen auch die einzelnen Stufen, die Handläufe an den Treppen und zudem wird die ganze Fassade des Hauses in ein Lichtkonzept eingebunden, das in wechselnden Farben changieren kann.

Vor dem neuen, hoch aufragenden Theaterfoyer gibt es noch einiges zu tun, um auch den Zugang zum Gebäude adäquat zu gestalten

Im völlig gedämmten zweistöckigen Regie-Raum bündelt sich die Elektrotechnik. Gewaltige Kabelstränge enden hier und müssen noch angeschlossen werden. Der obere Raum wird später die Projektoren für Filmvorführungen beherbergen. Neben einer vollständigen Erneuerung und Erweiterung der unteren Toilettenanlagen sind auf der Foyer-Empore noch zusätzliche Sanitäranlagen entstanden.

Kerstin Rogge-Mönchmeyer ist überzeugt, dass das neue Haus mit seinen vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten ein echter Gewinn für Emden ist. Es gäbe sowohl für den Veranstaltungs- als auch für den Tagungsbetrieb bereits Anfragen, berichtet sie. Vorerst aber stehen die Zeichen auf Fertigstellung. Und weil Kulturevents während der Zeit, als die Nordseehalle für Impfungen und die Aufnahme von Flüchtlingen genutzt wurde, selber Geld verdient hat, sei es möglich gewesen, nahezu alle zusätzlichen Wünsche zu erfüllen. „Denn es ist ja eine Tatsache, dass erfüllte Wünsche immer wieder Kinder kriegen“, schmunzelt die Betriebsleiterin.

Ein Anliegen indes konnte bisher noch nicht erfüllt werden. Vor dem Festivalhaus sollte eigentlich eine parkähnliche Grünfläche entstehen. Aufgrund der Finanzlage des Bundes gäbe es dafür aber keine Förderung, bedauert Rogge-Mönchmeyer. Gleichwohl wird gerade an der Seite zum Sportplatz des Johannes Althusius Gymnasiums hin Wildwuchs beseitigt – dies vor allem, weil das Wurzelwerk die dort verlaufenden Rohrleitungssysteme völlig zerstört hat. Nun werden die Zuwegungen und der Parkplatzbereich in Ordnung gebracht. „Soll ja bei der Eröffnung alles chic aussehen.“ Der Wunsch nach einer Grünanlage werde verschoben, aber nicht aus den Augen verloren.