Natürlich – der Kunsthalle wegen

Emden. Sie kam aus Nürnberg nach Emden. „Natürlich der Kunsthalle wegen“, schmunzelt Kristin Schrader. Die Kunsthistorikerin ist die neue Kuratorin des Hauses, und sie bringt viel Erfahrung mit.

Die gebürtige Hildesheimerin war kaum in Emden angekommen, da wurde sie schon mit der ersten Ausstellung betraut: „Nolde / Rohlfs. Zwei Künstlerleben“ (12. November bis 21. Februar 2023). Zeit, sich mit der Umgebung anzufreunden, blieb bisher nicht. Denn statt eines Hobbys beschäftigt sich Kristin Schrader in ihrer freien Zeit damit, ihre Doktorarbeit voranzutreiben.

Bringt viel Erfahrung mit nach Emden: Kristin Schrader vor der Kunsthalle

In ihrem Berufsleben ist sie bisher immer den Projekten gefolgt, die sich ihr anboten: von Braunschweig nach Hannover, nach Frankfurt, nach Nürnberg. „Das ist eben so“, zuckt sie die Achseln, und es scheint, als akzeptiere sie damit die heute übliche Praxis, zumeist nur für jeweils ein Projekt beschäftigt zu werden. In Nürnberg verbrachte sie im Neuen Museum, einem Haus für zeitgenössische Kunst, zwei Jahre. In Emden hat sie nun eine unbefristete Vollstelle bekommen.

Die Sammlung der Kunsthalle mit der Mischung aus klassischem Expressionismus und Moderne sagt ihr zu. „Sie ist hochkarätig.“ Kein Wunder, dass Kristin Schrader sich gerne in die neue Aufgabe stürzt und sich den beiden Künstlern widmet, von denen die Kunsthalle jeweils eine größere Anzahl an Werken besitzt: Emil Nolde und Christian Rohlfs. Ergänzt wird das Ausstellungsgut um Leihgaben. Da gilt es zunächst einmal zu sichten, wer als Leihgeber in Frage kommt und zu ergründen, ob man Synergie-Effekte nutzen kann. „Aber die Kunsthalle hat ja sehr gute Kontakte.“

Daneben geht es aber auch um die Bewertung Emil Noldes. Dessen Werk sei genialisch, versichert Kristin Schrader. Doch seine Haltung dem Nationalsozialismus gegenüber mache ihn zu einem umstrittenen Künstler. „Die Frage ist, ob man seine Ideologie auch in seinem Werk ablesen kann.“ Das ist eine Aufgabenstellung, der sie sich unter anderem im Rahmen der geplanten Ausstellung widmen möchte.

Doch parallel dazu beschäftigt sich die Kunstwissenschaftlerin mit der modernen Ausstellungspraxis. Wie erzählt man so, dass Spannung entsteht und Menschen für die Kunst sensibilisiert werden. Dabei hat sie auch die Methodik des Frankfurter Städel Museums, der Schirn und des Liebig-Hauses im Blick. Dort wurde das sogenannte Digitorial entwickelt – ein digitales Angebot für Besucher, die sich schon im Vorfeld eines Ausstellungsbesuchs informieren und neue Einblicke in die gebotenen Themen bekommen möchten. Dies geschieht durch Hintergründe und Informationen zum kunst- und kulturhistorischen Kontext.

Die Kunsthalle setzt derzeit vor allem auf ihre Audioguides, erläutert Sprecherin Ilka Erdwiens. Die eingesprochenen Texte zu bestimmten Werken der Sammlung können dabei immer wieder neu kombiniert und so den jeweiligen Präsentationen angepasst werden. Zudem gibt es einen Newsletter sowie zahlreiche digitale Angebote -speziell im Bereich der Museumspädagogik. Somit seien digitale Formate ständig ein Thema.

Kristin Schrader ist dabei, in Emden heimisch zu werden – so, wie sie sich zuvor in Braunschweig, Hannover, Frankfurt und Nürnberg eingerichtet hat. In Hannover war sie in der Kestner-Gesellschaft tätig – zu jener Zeit, als Veit Görner dort Chef war, der damals ein Volontärs-Ausbildungsmodell entwarf, bei dem junge Wissenschaftler die volle Verantwortung für das Kuratieren von Ausstellungen, die gesamte Umsetzung, Pressearbeit und Marketing übernehmen. Für Kristin Schrader bedeutete das, dass sie drei Monate nach ihrer Ankunft ihre erste Ausstellung verantwortete und in drei Jahren elf Projekte betreute. „Das war ein Sprung ins kalte Wasser.“ Den vollzieht sie nun quasi auch in Emden – gestärkt durch die vielschichtige Ausbildung und mit großer Freude am Tun.